Früchte ernten, ohne den Baum abzusägen

Kommentar zur Wirtschaftsentwicklung von Hannes Koch

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Von Hannes Koch

18. Apr. 2013 –

Wie gut es der deutschen Wirtschaft wirklich geht, zeigt die Entwicklung in der Leiharbeitsbranche. Viele der 740.000 Beschäftigten erhalten mittlerweile 15 Prozent mehr Lohn. Bis zum Sommer sollen die Zuschläge laut der Tarifverträge auf bis zu 50 Prozent steigen. Trotzdem wird die Industrie wohl zusätzliche Stellen einrichten. Die Unternehmen können die erstaunlichen Lohnsteigerungen problemlos wegstecken, weil Aufträge und Absatz zunehmen. Dass 2013 kein schlechtes Jahr wird, erklärten am Donnerstag auch die Wirtschaftsforscher in ihrem Gutachten für die Bundesregierung.


Angesichts dieser guten Lage verfügt die Wirtschaft im Großen und Ganzen über genügend Spielraum, einige Fehlentwicklungen zu korrigieren. Nachdem die Löhne vieler Beschäftigter im vergangenen Jahrzehnt stagnierten, sollten sie nun weiter erheblich steigen. Drei bis vier Prozent jährlich sind realistisch. Auch die Aussichten für Mindestlöhne werden besser. Wenn Unternehmen selbst niedrig qualifizierten Leiharbeitern 50 Prozent mehr zahlen – warum sollten dann Mindestlöhne mit branchenspezifischer Differenzierung Jobkiller sein?


Gegenwärtig wird in Deutschland das Geld verdient, mit dem man die Marktwirtschaft etwas sozialer gestalten kann. Davon mag auch Europa profitieren: Mehr deutsche Konsumnachfrage hilft Griechenland und Spanien ein wenig, aus dem Tal der Krise herauszufinden. Weil die positive Lage in Deutschland jedoch nicht ewig enthält, sollten wir die Früchte jetzt ernten – ohne den Baum abzusägen.

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