Gefahren der Inflation

Warum der Spritrabatt verpufft

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Von Björn Hartmann

12. Mai. 2022 –

Selten haben Zahlen des Statistischen Bundesamts die Allgemeinheit so beschäftigt wie zuletzt. Die Wiesbadener liefern monatlich einen Beweis dafür, was jeder Verbraucher bereits beim Einkaufen oder Tanken gemerkt hat: Es wird teurer. Und nicht zu knapp. Im April kosteten Waren und Dienstleistungen im Schnitt 7,4 Prozent mehr als vor einem Jahr – der höchste Wert seit der Wiedervereinigung. Er beeinflusst nicht nur unser Kaufverhalten, sondern auch die anstehenden Tarifverhandlungen. Und er ist ein weiteres Signal an die Europäische Zentralbank, die Politik des billigen Geldes zügig zu beenden.

Es wird nur sehr wenige Menschen geben, die tatsächlich 7,4 Prozent mehr ausgeben müssen. Denn die Zahl ist ein Durchschnittswert. Weil allein Nahrungsmittel sich um 8,6 Prozent verteuerten, könnte die persönliche Inflationsrate auch höher sein. Das gilt auch für alle, die besonders viel tanken, weil Sprit um 38,5 Prozent zulegte.

Die Statistiker sehen sich für die offizielle Inflationsrate die Preise von rund 650 Produkten an – von Brot und Brokkoli über Festplatten und Haarschnitt bis Hausratversicherung und Benzin. Aus der Veränderung berechnen sie die Teuerungsrate, wobei Strom ein höheres Gewicht hat als Eier. Größter Preistreiber ist Energie. Inzwischen kosten auch Lebensmittel mehr, unter anderem, weil Energie so teuer ist.

Die seit Monaten hohe Inflation verheißt auch für Deutschlands Unternehmen wenig Gutes. Denn die Gewerkschaften haben bereits angekündigt, bei den kommenden Tarifrunden höhere Löhne durchsetzen zu wollen. Das Plus soll die Inflation aufwiegen. Das ist gut für die Beschäftigten, kann sich aber rächen: Denn die Kosten der Unternehmen steigen. Sie werden versuchen, ihrerseits die Preise anzuheben, was wiederum die Inflation treibt.

Die Teuerung in Deutschland fließt in die der Euro-Raum ein. Und auch hier liegen die Werte weit über jenen zwei Prozent, die die Europäische Zentralbank als gut erachtet. Bisher hat sie vermieden, den Leitzins deutlich anzuheben. Derzeit beträgt er 0,0 Prozent. Die Sorge ist groß, den Aufschwung in den EU-Mitgliedsstaaten, der nach der Corona-Pandemie begonnen hat, so wieder abzuwürgen. Die hohen Inflationswerte zwingen die EZB jetzt aber, doch zu handeln – wohl im Juli. Zumal die US-Notenbank Fed vergangene Woche die Zinsen kräftig angehoben hat und weitere Schritte ankündigte.

Die hohen Energiepreise wird das nicht nachhaltig senken. Auch der Versuch der Bundesregierung, Sprit per staatlichem Rabatt zeitweise zu verbilligen, wird verpuffen. Eine Lösung wäre, den Krieg in der Ukraine zu beenden. Weil sich das nicht abzeichnet, bleibt der Bundesregierung nur, diejenigen, die mit sehr wenig Geld auskommen müssen, finanziell zu unterstützen.

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