Geld waschen am Daddelautomaten

Sicherheitslücken bei Geldspielgeräten lassen Steuerhinterziehung und Geldwäsche zu / Grüne fordern bessere Kontrolle

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Von Wolfgang Mulke

28. Jun. 2012 –

Daddelautomaten sind offenkundig ins Visier von Kriminellen geraten. Denn die Geldspielautomaten können so manipuliert werden, dass sie als Tatwerkzeug bei Geldwäsche und Steuerhinterziehung eingesetzt werden können. „Was gemacht werden kann, wird auch gemacht“, befürchtet der finanzpolitische Sprecher der Grünen, Gerhard Schick. Auf Druck der Grünen im Finanzausschuss des Bundestags wurde nun eine Arbeitsgruppe der obersten Finanzbehörden eingesetzt, die Vorschläge gegen den Missbrauch der Spielhallen entwickeln soll.


Ein Fall aus Essen zeigt die Dimensionen, um die es dabei geht. 2010 nahm die Polizei eine Großfamilie fest, die Spielhallen betrieb und die Geräte so manipulierte, dass der zu versteuernde Gewinn mäßig blieb. Darüber hinaus vermittelten die Täter nach Erkenntnissen des Landeskriminalamtes illegal Sportwetten und boten ebenfalls verbotene Glücksspiele im Internet an. Die Ermittler konnten allein in diesem Falle illegale Umsätze von 120 Millionen Euro nachweisen.

 

Im Prinzip bieten sich zwei grundsätzliche Möglichkeiten an, den Staat zu hintergehen. Ein Betreiber von Automaten könnte dafür sorgen, dass die Geräte weniger Gewinn ausweisen als sie tatsächlich eingespielt haben. Dann spart er Steuern. Oder es werden umgekehrt Umsätze und Gewinne künstlich erzeugt und vom System des Geldspielers angezeigt. Dann zahlt der Betreiber dafür zwar Steuern, hat aber im Gegenzug womöglich Schwarzgeld in saubere Scheine umgewandelt.

 

Wie stark die organisierte Banden die Geldspielautomaten manipulieren oder für Geldwäsche zweckentfremden, ist nicht bekannt. Doch nach Einschätzung von Experten sind die staatlichen Kontrollen der Daddelkisten und der mit ihnen gemachten Gewinne nachlässig. Die Düsseldorfer Kripo warf der für der zuständigen Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in einer Bundestagsbefragung vor, dass keines der vom Amt zugelassenen Glücksspielautomaten den Anforderungen der Steuergesetze entspreche. „Dadurch wird unkontrollierbar Steuerverkürzung und Geldwäsche möglich“, teilte die Polizei den Abgeordneten mit.


Die PTB wiegelt ab und bestreitet den Vorwurf mangelnder Kontrollen. „Wir kennen keinen einzigen Fall von Geldwäsche“, sagt der zuständige Fachmann Dieter Richter. Steuerverkürzung gebe es in Einzelfällen, in denen die Daten außerhalb des Spielautomaten manipuliert werden. Glücksspielexpertin Meike Lukat von der Düsseldorfer Kripo sieht das anders. Die Prüfung einzelner Spielvorgänge, und damit die erzielten Umsätze und Gewinne, ist danach bei den von der PTB zugelassenen Geräten nicht möglich. Schick fordert eine Änderung der Spielverordnung, die das Aufstellen der Automaten regelt. Manipulationsanfällige Technik dürfe nicht mehr zugelassen werden.


Über das Risiko ist sich die Bundesregierung im Klaren. Diese Delikte zu verhindern, sei auch für das Bundeswirtschaftsministerium (BMWI) ein wichtiges Anliegen, teilt eine Sprecherin mit. Deshalb beteilige sich die Behörde an der neu eingerichteten Arbeitsgruppe. Doch gerade im BMWI sitzen starke Befürworter der Glücksspielautomatenbranche. Eine Novelle der Spielverordnung hat in den letzten Jahren sogar für eine deutliche Ausweitung des Glücksspielgeschäfts privater Betreiber ermöglicht. Nach Berechnungen des Arbeitskreises Spielsucht sind derzeit bundesweit mehr als 150.000 Automaten in gut 9.300 Spielhallen aufgestellt. Allein in den beiden letzten Jahren stieg die Zahl der Daddelkisten um gut 20 Prozent. Suchtexperten bescheinigen dem Automatenspiel ein hohes Suchtpotenzial.



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