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Gewinne wie im Drogenhandel

Gefälschte Lebensmittel

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Von Wolfgang Mulke

30. Jan. 2017 –

Mit gefälschten Lebensmitteln verdienen sich Kriminelle eine goldene Nase. Doch die Aufrüstung der Behörden nach dem Pferdefleisch-Skandal vor einigen Jahren zeigt Wirkung. Die Zusammenarbeit in Europa klappt nun besser, sagt der Präsident des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), Helmut Tschiersky. Der promovierte Pharmazeut, Jahrgang 1957, leitet die Kontrollbehörde seit 2008. Mit ihm sprach unser Korrespondent Wolfgang Mulke.

 

Frage: Der Skandal um Pferdefleischlasagne liegt schon Jahre zurück. Seither sind keine ähnlich spektakulären Fälle von Lebensmittelpanschereien mehr ans Licht gekommen. Sind die behördlichen Kontrollen besser geworden oder gehen die Gangster trickreicher vor?

 

Helmut Tschiersky: Wir sind besser geworden. Nach diesem Skandal haben sich die Überwachungsbehörden in Europa vernetzt. Es gibt mittlerweile ein „Food Fraud Network“, also ein Netzwerk gegen Betrug mit Lebensmitteln. Ein gemeinsames Nachrichtensystem sorgt dafür, dass Informationen über entsprechende Vorkommnisse schnell die Behörden aller Länder erreicht.

 

Frage: Ist der Sumpf der Lebensmittelpanscherei damit ausgetrocknet?

 

Tschiersky: Es gibt immer noch Meldungen, die allerdings sehr unterschiedlich sind. So gilt in südeuropäischen Ländern schon eine falsche Angabe zur geschützten geografischen Herkunftsbezeichnung zu den Betrugsfällen, was bei uns nicht der Fall ist. Für uns sind andere Dinge interessanter. Hier steht zum Beispiel eine Flasche Olivenöl auf dem Tisch. Wir zeigen auf der Grünen Woche, wie leicht man Olivenöl fälschen kann. Ein Test mit den Besuchern zeigt, dass ein Drittel von ihnen die Fälschung weder schmecken noch erkennen kann. Und sie brauchen dafür nur die Ausstattung eines besseren Chemiebaukastens. Heraus kam die Fälschung durch einen Zufallsfund in einem italienischen Restaurant. Die Behörden sind dem Fall nachgegangen und fanden schließlich in Italien die Fälscherwerkstatt. Das war ein besserer Bretterverschlag.

 

Frage: War damit eine Gefahr für die Konsumenten verbunden?

 

Tschiersky: Nicht mit jeder Fälschung ist eine Gesundheitsgefährdung verbunden. In diesem Falle war es nur ein minderwertiges Öl. Aber es gibt dieses Risiko. In einem Fall wurden gemahlene Haselnüsse aus Georgien mit gemahlenen Erdnüssen versetzt. Für Allergiker ist das eine Katastrophe. Den Tätern winken satte Gewinne. Ein Kilogramm Haselnüsse kostet 3,60 Dollar, ein Kilo Erdnüsse nur 1,60 Dollar. Wenn man diese Differenz auf viele Tonnen der Ware umrechnet, kommen gewaltige Erträge für die Fälscher heraus.

 

Frage: Welche Lebensmittel werden gefälscht, wo wird nur gemogelt?

 

Tschiersky: Das ist ein internationales Geschäft mit allen möglichen Lebensmitteln. In Indien kamen zum Beispiel schon einmal Glasnudeln und Reis aus Kunststoff auf den Markt. Ein Grundnahrungsmittel! Anderswo wurden Weine durch die Zusetzung von Aromastoffen zu vermeintlich guten Tropfen aufgemöbelt. Aus Afrika tauchte rot gefärbtes Palmöl auf. Der Herstellungspreis lag bei 80 Cent pro Liter, der Verkaufspreis bei elf Euro.

 

Frage: Inwieweit spielt die Organisierte Kriminalität hier eine Rolle?

 

Tschiersky: Experten schätzen, dass die Gewinne mit Lebensmittelbetrug die Größenordnung der Erträge aus dem Drogengeschäft oder dem Menschenhandel entsprechen. Es liegt auf der Hand, dass die Organisierte Kriminalität da mitmischt.

 

Frage: Sind Sie für die Aufklärung solcher Taten ausreichend gerüstet oder müsste der Gesetzgeber hier noch für Verbesserungen sorgen?

 

Tschiersky: Wir sind in ständigem Kontakt mit den europäischen Behörden und auch die Informationskette zwischen Bund und Ländern funktioniert. Es gibt zwei Schwerpunktstaatsanwaltschaften und auch das Bundeskriminalamt arbeitet im Netzwerk mit. Einen Schwachpunkt sind die in Deutschland geltenden Regelungen für anonyme Hinweisgeber. Die so genannten Whistle-Blower sind schlecht geschützt. Sie müssen im Zweifel als Zeugen aussagen, was arbeitsrechtliche Konsequenzen für sie bedeuten kann. Man sollte sie besser absichern.

 

Frage: Wie können Verbraucher Fälschungen erkennen oder sich anderweitig davor schützen?

 

Tschiersky: Gut gemachte Fälschungen sind für den Kunden kaum zu erkennen. Wenn man sich vor Fälschungen schützen kann, dann mit Aufmerksamkeit. Da sind zunächst die Preise, die für diese Ware verlangt werden. Wenn eine Flasche hochwertiges Olivenöl nur drei Euro kosten soll, stimmt wahrscheinlich etwas nicht. Man sollte auch darauf achten, wo man einkauft und ob man gute Erfahrungen mit dem Händler gemacht hat.

 

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