Globaler Fleisch-Boom ohne Deutschland

Über 60 Milliarden Tiere werden jährlich geschlachtet. Deutsche verbrauchen durchschnittlich drei Kilogramm Fleisch weniger

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Von Hannes Koch

09. Jan. 2014 –

Es sind eigentlich unglaubliche Zahlen: Über 60 Milliarden Tiere würden weltweit jährlich geschlachtet und verzehrt. So steht es in der neuen Ausgabe des „Fleisch-Atlas“, den die Umweltorganisation BUND, die grüne Heinrich-Böll-Stiftung und die Zeitung Le Monde Diplomatique am Donnerstag präsentierten. Sie verbanden damit die Warnung vor den ökologischen und sozialen Folgen des zunehmenden weltweiten Fleischkonsums.

 

Den Schätzungen zufolge ließen im Jahr 2011 rund 58 Milliarden Hühner ihr Leben, um Menschen als Nahrung zu dienen. Außerdem knapp drei Milliarden Enten, 1,4 Milliarden Schweine, 517 Millionen Schafe und 300 Millionen Rinder. Die Kritiker gehen davon aus, dass diese Zahlen in den kommenden Jahrzehnten noch stark steigen. Sie fordern das Gegenteil. „Die Umwelt ließe sich durch einen geringeren Fleischkonsum und eine andere Art der Produktion schützen,“ heißt es im Fleisch-Atlas.

 

Diese Botschaft haben sich die deutschen Konsumenten offenbar zu Herzen genommen. Hierzulande sinkt der Fleischkonsum. 2012 verbrauchten die Deutschen pro Kopf durchschnittlich 87 Kilogramm Fleisch und Fleischerzeugnisse, wie das Agrarministerium weiß. 2011 waren es drei Kilo mehr, 1990 noch 102 Kilogramm.

 

Ein Grund: Es gibt mehr Vegetarier und Konsumenten, die bewusst weniger Fleisch essen. Das ergab eine Umfrage der Universitäten Göttingen und Hohenheim im vergangenen Jahr. Dagegen sehen aber drei Viertel der Deutschen ihren Fleischkonsum als unproblematisch an. Vor der Bundestagswahl bekamen die Grünen Schwierigkeiten, weil sie vorschlugen, dass die Unternehmen in ihren Kantinen an einem Tag pro Woche nur vegetarisches Essen anbieten sollten.

 

Barbara Unmüßig, die Chefin der Böll-Stiftung, ging davon aus, dass die Fleischproduktion weiter wächst, weil in Ländern wie China und Indien mehr Menschen in die Mittelklasse aufsteigen. Diese Bürger könnten sich dann mehr Fleisch leisten, das oft teurer ist als pflanzliche Lebensmittel.

 

„Das Futter für die zusätzliche Produktion von Millionen Tonnen Fleisch wird die Land- und Nahrungsmittelpreise explodieren lassen“, befürchtete Unmüßig. „Die Zeche zahlen die Armen, die von ihrem Land verdrängt werden und sich aufgrund der hohen Preise weniger Nahrung leisten können.“

 

Auf die Flächenkonkurrenz zwischen Fleischproduktion und billigen Grundnahrungsmitteln wies auch BUND-Agrarexpertin Reinhild Benning hin. „70 Prozent aller Agrarflächen der Erde werden inzwischen von der Tierfütterung beansprucht.“

 

Ein Beispiel dafür ist der großflächige Soja-Anbau in Südamerika, vor allem Brasilien und Argentinien. Nicht nur Ackerflächen würden dadurch knapper, so Benning. Die Folgen seien insgesamt „fatal: Wertvolle Regenwälder gehen verloren, Böden und Gewässer werden mit Pestiziden belastet.“

 

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