Google contra Aigner

Konzern verteidigt fotografische Erfassung Deutschlands / Verbraucherministerin warnt vor Verlust der Privatsphäre

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Von Wolfgang Mulke

23. Feb. 2010 –

Der Streit um die Straßenansichten ganzer Städte und 
Dörfer in Deutschland im Internet geht weiter. Der Konzern Google
verteidigt das Vorhaben, Bilder von Gebäuden und Wohnhäusern noch in
diesem Jahr ins Internet zu stellen. Dagegen warnt Verbraucherministerin
Ilse Aigner vor dem Verlust der Privatsphäre der Bürger und verlangt vom
Unternehmen Nachbesserungen beim Datenschutz.

Es geht um einen für viele Nutzer interessanten Dienst der Suchmaschine
Google. Per Tastendruck können sich die Internetnutzer bereits in 19
Ländern auf die Straße begeben und echte Bilder von Fassaden, Parks oder
Sehenswürdigkeiten anschauen. Auf Wunsch liefert der Dienst namens
Street View eine Liste der Restaurants oder Hotels in der Umgebung.
Etliche andere Anwendungen sind machbar. Zu sehen sind aber auch Autos
und Menschen. Außerdem ist die Kamera bei den Fotofahrzeugen, die Google
gerade durch Deutschland schickt, in 2,50 Meter Höhe angebracht. Damit
stellen Hecken oder Mauern um Einfamilienhäuser keinen Schutz vor der
Ablichtung dar.

Ministerin Aigner ist in Sorge. "Es geht mir um den Schutz der
Privatsphäre schlechthin", sagt sie. Ein Stein des Anstoßes sind die auf
den Bildern abgelichteten Menschen. Google macht die Gesichter zwar
unkenntlich, ebenso Autokennzeichen. Doch die Personen sind immer noch
leicht zu erkennen. "Eine vage Verpixelung reicht nicht aus", kritisiert
Aigner. Außerdem will die Ministerin, dass die Kameras in geringerer
Höhe montiert werden, so dass sie über übliche Zäune nicht hinwegschauen
können. Die größte Sorge ist jedoch, dass es immer leichter wird, über
öffentlich zugängliche Informationen aus dem Internet individuelle
Profile zu erstellen oder die Informationen von Google Street View für
die Vorbereitung von Straftaten zu nutzen. So fordert Aigner auch mehr
Transparenz. Der Konzern müsse offen legen, wie die Fotos und Daten
vermarktet und wo sie gespeichert werden.

Die wichtigste Forderung der Politikerin ist zugleich die umstrittenste.
Aigner will durchsetzen, dass sich das Unternehmen von jedem
Hausbesitzer eine Erlaubnis für die Veröffentlichung eine Bilde besorgt.
Der Aufwand wäre so enorm, dass das Projekt wohl scheitern würde. Google
selbst will den umgekehrten Weg gehen. Wer sein Haus nicht im Netz sehen
will, kann dagegen Widerspruch einlegen. Selbst wenn nur ein Mieter
protestiert, verschwindet das Foto aus dem Internet. "Das haben wir nur
in Deutschland zugesagt", erläutert der Produktmanager des Konzerns für
Europa, Raphael Leiteritz. Musterschreiben für einen Widerspruch hält
das Verbraucherministerium auf seiner Webseite bereit.

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Der Konzern weist die Kritik am mangelnden Datenschutz zurück. "Das
Produkt ist rechtmäßig", versichert der Chef der Rechtsabteilung, Arnd
Haller. Ein juristisches Gutachten der Uni Hannover stützt die These,
dass die Fotos der Straßenzüge nicht gegen Datenschutzbestimmungen
verstoßen.

Aigner will im Kampf um einen verbesserten Datenschutz jedoch nicht
aufstecken. Zusammen mit den Fachministerien Justiz, und Inneres würden
Änderungen am Datenschutzgesetz geprüft, kündigte die Ministerin an.
Rückenwind erhält di Bundesregierung auch vom Datenschutzbeauftragten
Peter Schaar, der sich sogar eine Zerschlagung des Datenriesen Google
vorstellen kann.

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