Große Klappe - nichts dahinter

Leitartikel

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Von Wolfgang Mulke

10. Mai. 2012 –

Berlin sonnt sich gerne in Superlativen. Die Eröffnung des Großflughafens am Stadtrand sollte der Hauptstadt der Künste, der Freigeister, des Sports und des Films, der Transferleistungen und der Integrationsprobleme der Touristen und Kneipen einen weiteren hinzufügen. Zehntausende Gäste waren zur offiziellen Eröffnung geladen um der Kanzlerin beim Schnitt des blauen Bands zu applaudieren. Kleiner geht es nicht in Berlin.


Nur klaffen zwischen Anspruch und Wirklichkeit an der Spree immer wieder beträchtliche Lücken. „Arm aber sexy“ lautet zum Beispiel einer der Werbesprüche, die der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit so gerne zitiert. Wahr ist daran, dass Berlin arm ist. Sexy ist es nur dort, wo Zugereiste mit Geld oder Phantasie die dürftige eigene wirtschaftliche Basis aufpeppen. Verdient wird anderswo, Berlin gibt vor allem gerne aus.


Ein wohlhabendes Land wie die Bundesrepublik kann sich einen solchen lebensfrohen Kostgänger leisten, zumal Berlin in mancher Hinsicht auch vorbildlich ist und kulturell als einzige deutsche Stadt mit den wichtigsten Metropolen der Welt mithält. Das kann aber nicht über die eklatanten Pannen hinwegtrösten, die provinziell anmuten. Die gewaltige Imageschlappe beim Flughafen ist nur ein Beispiel. Weitere sind schnell gefunden. Mal bricht der S-Bahn-Verkehr zusammen, weil die Technik kaputt ist, mal weil die Fahrer krank sind. Nicht einmal einen vorzeigbaren Fußballverein bringt die Stadt hervor. Schlechte Manager haben es beim Kandidaten Hertha BSC immer wieder vermocht, aus einem Club mit besten finanziellen Perspektiven einen Pleitekandidaten zu machen, der sich freut, wenn er nicht absteigt.


Versagen gibt es auch anderswo, bei Hamburgs Prestigeobjekt Elbphilharmonie zum Beispiel. Überall werden öffentliche Bauten teurer und schlechter als geplant oder nicht pünktlich fertig. Doch nirgends gehen schlechte Leistungen mit einem solchen Mangel an Selbstkritik einher wie in Berlin. Das war schon immer so, auch vor Wowereits Zeiten. Der frühere West-Berlin regierende Bürgermeister Klaus Schütz hat den Anspruch einmal mit einem Satz auf den Punkt gebracht. Wenn Berlin Berge hätte, dann wären sie höher als die Alpen. Ja, wenn. So bleibt der Teufelsberg mit gut 100 Metern Höhe der Ort, an dem Berlin einen Ski-Weltcup veranstaltet hat. Unter Weltcup geht es nicht.


Trotz der unseligen Tradition muss sich der jeweilige Senatschef nach seiner Verantwortung fragen lassen. Wowereit, der gerne in Talkshows andere belehrt, weist selbst keinerlei Lernkurve nach. Berlin sei nicht Haiti, sagte er beispielsweise 2010, als die Bürger nach dem Technischen Hilfswerk riefen, weil die Stadtreinigung der winterlichen Vereisung nicht mehr Herr wurde. Das verziehen ihm, dem Partybürgermeister, viele nicht.


Aber vielleicht muss eine Nation solche Schlawiner wie die Berliner aushalten. Davon haben auch andere etwas. Denn ist der Unterhaltungswert der Hauptstadt ist beträchtlich.

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