"Grün ist nur etwas für die, die Geld haben"

Vordenker der Wirtschaft

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Von Wolfgang Mulke

23. Dez. 2013 –

Als Unternehmer war Gunter Pauli am Ende erfolgreicher als er anfangs vermutete. Das von dem Belgier entwickelte Ökowaschmittel verkaufte sich bestens. Ein der biologisch abbaubaren Inhaltsstoffe war Palmfett. Die Fabrik selbst lief frei von Schadstoffemissionen. Es blieben keine Abfälle bei der Fertigung übrig und auch das Werk selbst war ein Ökobau aus Holz. Doch als er in Indonesien den Zulieferer der Zutat besuchte, brach Paulis Stolz auf das Unternehmen in sich zusammen. Denn die Palmplantagen haben dort den Regenwald zerstört. „Ich habe hier für reines Wasser gesorgt, war aber dort verantwortlich für die Zerstörung des Lebensraums“, gesteht er und lernte so, dass auch eine grüne Wirtschaft nicht zwangsläufig auch eine nachhaltige sein muss. Daraufhin stieg er aus der eigenen Firma aus.

 

Pauli sann nach neuen Ideen für eine nachhaltige Wirtschaft. „Wir müssen uns daran gewöhnen, mehr Gutes zu tun und nicht nur weniger Schlechtes“, fordert er in seinen vielen Vorträgen, „das ist die neue Wirtschaft.“ Mit Bio hat sein Ansatz nur noch wenig zu tun. „Grün ist nur gut für diejenigen, die Geld haben“, stellt er fest. Sein Gegenmodell heißt „Blue Economy“, blaue Wirtschaft, abgeleitet von der Farbe des Planeten, dessen Lebensgrundlagen er schützen will. Das Ziel ist eine Fertigung ohne Abfälle, eine Welt, in der jeder seine Grundbedürfnisse nach Nahrung, Kleidung oder Wohnen erfüllen kann mit dem, was es in der Umgebung gerade gibt.

 

Damit dies funktioniert, muss es viele Innovationen geben, um neue Industrien und Arbeitsplätze für alle zu schaffen. Wie das funktionieren kann, zeigt er am Beispiel Kaffee. In einer Tasse auf dem Frühstückstisch sind gerade einmal 0,2 Prozent des von den Bauern in Kenia geernteten Kaffees enthalten. 99,8 Prozent der Pflanze wird vergeudet. Forscher haben aber herausgefunden, dass auf einem Kilogramm Kaffeesatz ein halbes Kilogramm Shiitake-Pilze gezüchtet werden können, die als besonders gesundes Nahrungsmittel gelten. Aus dem vermeintlichen Abfall wird so der Rohstoff für ein lukratives neues Geschäftsmodell. In Berlin züchten schon Spitzenköche gemeinsam zehn Pilzsorten auf Kaffeesatz.

 

Am Ende dieser Kette stehen preiswertere und zugleich bessere Produkte für alle. Darin sieht Pauli auch die Lösung für die ärmsten Regionen der Welt. „Es muss Wachstum geben, aber nicht nach europäischen und amerikanischen Standards“, glaubt der Buchautor und Berater. Von den Konzernen erwartet er in dieser Hinsicht nichts. Dort gebe es keine Kultur des innovativen Risikos. Von alleine werde sich die auf Überfluss basierende Wirtschaftsweise nicht ändern, glaubt der 57-jährige. Deshalb fordert er strenge politische Vorgaben an die Unternehmen, die sie zu einer nachhaltigen Produktion zwingen soll. Den Zusammenbruch der Weltwirtschaft würde er für das Ziel notfalls in Kauf nehmen. „Viele Großunternehmen sind finanziell schwach“, sagt der Wirtschaftswissenschaftler. Die neue Wirtschaft muss folglich von den Gründern kommen. Dort entstehe schnell ein kreativer Aufbruch, ist er sich sicher.

 

Pauli will eine andere Industrie, eine die nachhaltig denkt. Wie das geht zeigt er gerade in China. Dort betreut er drei Fabriken, die bald Papier aus dem Abraum des Bergbaus herstellen sollen. Polyethylen, das aus den Abfällen der Plastikflaschen reichlich geschöpft werden könne, diene als Klebemittel für den feinen Staub. „Diese Konstruktion braucht null Wasser“, schwärmt Pauli. Im chronisch unter Trinkwassermangel leidenden China wäre dies eine erhebliche Entlastung. Und das das Papier sehr preiswert hergestellt werden kann, rechnet der Berater mit weltweit sinkenden Papierpreisen, wenn sich diese Technologie durchsetzt. Entsprechende Werke könnten dann auch in Deutschland entstehen, zum Beispiel im Ruhrgebiet. Derzeit stellt Pauli das Konzept im Bundesumweltministerium vor.

 

Kasten

 

Gunter Pauli ist Gründer der Blue Economy, der von der Farbe des Planeten abgeleiteten „blauen Wirtschaft“, die ohne Emissionen und Abfälle auskommt. 1994 wurde der Unternehmen nach Japan an die United Nations University gerufen, wo er das Kyoto-Protokoll zum Klimaschutz mit entwickelte. Der Belgier war selbst auch als Unternehmer und Investor erfolgreich. Pauli lebt in Südafrika, berät aber weltweit Unternehmen und Organisationen.

 

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