Gute Geschäfte, faire Gewinne
Kommentar von Hannes Koch
16. Okt. 2008 –
Das altmodische Wort „Gesetz“ ist eigentlich zu schlicht, um zu beschreiben, was der Bundestag heute beschließt. Genau genommen ist darin ein Systemwechsel angelegt - eine Revolution von oben angesichts höchster Not. Das Gesetz zur Stabilisierung des Finanzmarktes schränkt die Möglichkeit der Banken ein, Gewinne zu machen. Die große Koalition verordnet den hilfsbedürftigen Instituten beispielsweise, wem sie Kredite geben müssen und wieviel Dividende sie zahlen dürfen.
Dies ist die richtige Antwort auf das Verhalten vieler Banken in den vergangenen Jahren. Die Institute überboten sich gegenseitig mit ihrer Eigenkapitalrendite. Es reichte nicht, den Aktionären zehn Prozent Gewinn pro Jahr zu versprechen, es mussten 20 oder 30 Prozent sein. Derartige Hyperprofite lassen sich nur kurzfristig erreichen. Will man sie längerfristig durchsetzen, gehen sie auf Kosten der Geschäftspartner, der Allgemeinheit und können schließlich zum Zusammenbruch des Systems führen. Nichts anderes ist in der Finanzkrise passiert.
Die Politik darf freilich nicht dabei stehen bleiben, die Gewinne zu kappen. Es muss auch darum gehen, auf welche Art die Banken ihre Profite erwirtschaften. Erzielen sie sie mit der Verbriefung und dem Weiterverkauf fauler Kredite, einer Art Pilotenspiel, bei dem die Letzten in der Reihe notwendigerweise die Dummen sind? Oder machen die Finanzinstitute Gewinn, indem sie Unternehmen und Bürgern Kredite geben, damit diese sinnvolle Dinge produzieren und kaufen?
Bisher wurden gigantische Gewinne mit gruseligen Geschäften erzielt. Künftig muss das Motto lauten: gute Geschäfte, faire Gewinne. Die Staaten müssen den Finanzsektor überzeugen, zivilisiert zu investieren: in die Entwicklung Afrika und Asiens, in den Kampf gegen den Hunger, in den Schutz der Erdatmosphäre vor weiterer Erwärmung, in eine saubere Energieerzeugung. Dazu gibt es Mittel und Wege. Handeln die Regierungen der USA, Großbritanniens, Frankreichs, Deutschlands und anderer Staaten weiterhin so koordiniert wie in den vergangenen Tagen, können sie der globalen Finanzbranche soziale und ökologische Kriterien für ihre Geschäfte vorschreiben. Ein erster Schritt wäre es, den Instituten eine internationale Abgabe auf Finanztransaktionen aufzuerlegen, um mit diesen Einnahmen Hunger und Klimawandel zu bekämpfen. Die Finanzkrise birgt die Möglichkeit, Nachhaltigkeit in dreifachem Sinne zu erreichen: sozial, ökologisch und betriebswirtschaftlich.