Harte Landung schon vor dem Start

Hauptstadtflughafen wird nicht rechtzeitig fertig / Urlaubsverkehr soll trotzdem uneingeschränkt laufen

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Von Wolfgang Mulke

08. Mai. 2012 –

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat einen unerwarteten freien Tag. Eigentlich wollte sie Ende Mai den Großflughafen der Hauptstadt einweihen. Eine Woche später, in der Nacht zum 3. Juni sahen die Planungen dann einen großen Umzugskonvoi vor, der vom alten Airport in Tegel das gesamte Equipement hinaus in den südlichen Vorort Schönefeld zum neuen Landeplatz „Willy Brandt“ fährt.


Doch an diesem Dienstag schockierten die Bauherren Politik und Öffentlichkeit. „Technische Probleme bei der Brandschutztechnik machen die Verschiebung des Eröffnungstermins unumgänglich“, teilte die Flughafengesellschaft mit. Berlins Stadtoberhaupt Klaus Wowereit konnte noch kein neues Datum nennen. Er ist immerhin Aufsichtsratschef der Betreibergesellschaft. Auf jeden Fall werden die Berliner, wenn sie in den im Juni beginnenden Sommerferien in den Urlaub fliegen wollen, auf den beiden alten Landeplätzen abgefertigt.


Airport-Chef Rainer Schwarz entschuldigte sich dafür zwar. Doch warum die Absage erst so spät erfolgte, versteht an der Spree kaum jemand. Immerhin begannen die Planungen vor 20 Jahren. Noch in der vergangenen Woche hatte Schwarz den verantwortlichen Staatssekretären des Bundes und der beiden Länder eine pünktliche Eröffnung versprochen. „Ich verhehle nicht, dass ich stocksauer bin“, wetterte Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck.


Die Folgen der Verspätung sind noch nicht absehbar. Die Fluggesellschaften haben schließlich schon viele Tickets für Maschinen verkauft, die am neuen Standort abheben sollten. Da das Angebot insgesamt ausgeweitet wurde, wird es schwer, die Starts auch noch zusätzlich an den bestehenden Landeplätzen unterzubringen. Platzeck versichert zwar, dass niemand bedenken habe müsse, seine Reise nicht antreten zu können. Doch die Praxis wird zeigen, wie viel diese Zusage wert ist. Air Berlins Chef Hartmut Mehdorn spricht von einer „großen Herausforderung“, was im Vorstandsdeutsch eine kaum lösbare Aufgabe bedeutet, weil das Unternehmen in Schönefeld ein Drehkreuz mit kurzen Umsteigezeiten einrichten will. Das geht nun vorerst nicht. Noch am Freitag hatte Mehdorn bei einer Besichtigung des Airports keinen Hinweis auf die jüngste Entscheidung bekommen. Inwieweit Schadenersatzforderungen auf die Betreibergesellschaft oder auch die für die Verzögerung verantwortlichen Baufirmen zukommen, wusste am Dienstag auch noch niemand zu sagen.


Dabei wähnten sich die Bauherren durch einen Trick schon vor öffentlicher Häme am ersten Betriebstag sicher. Die offizielle Einweihung wurde vorverlegt. Damit sollte Peinlichkeiten, die bei der Eröffnung des Londoner Airports Heathrow für deftige Schlagzeilen sorgten, vermieden werden. Weil die Gepäckbeförderung nicht funktionierte, brach in Heathrow ein Chaos aus, während die angereiste Feiergesellschaft es sich bei Schampus und Häppchen gut gehen ließ.


Der Flughafen Willy Brandt wird wohl trotzdem bald der drittgrößte Landeplatz in Deutschland hinter Frankfurt und München werden. Bis zu 27 Millionen Fluggäste können in der ersten Ausbaustufe des fast drei Milliarden Euro teuren Projektes jährlich abgefertigt werden. Eine Erweiterung der Kapazität auf bis zu 45 Millionen Passagiere ist bereits vorgesehen.


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