Haushalte zahlen mehr für Windenergie
Haftungskosten für Netzanbindung von Windparks auf See sollen umgelegt werden
23. Aug. 2012 –
Die Stromkunden müssen wohl mit einer zusätzlichen finanziellen Belastung infolge der Energiewende rechnen. Energieunternehmen dürfen künftig Haftungskosten für Windparks in Nord- und Ostsee auf die Verbraucher umlegen. Mit ihrem Versuch, den Beitrag der Privathaushalte wesentlich zu reduzieren, kann Verbraucherministerin Ilse Aigner sich offenbar nicht durchsetzen.
Darauf deutet ein Kompromiss hin, der zwischen Verbraucher-, Wirtschafts- und Umweltministerium ausgehandelt wird. Umweltminister Peter Altmaier sagte am Donnerstag, die Regelung werde voraussichtlich am kommenden Mittwoch im Bundeskabinett beschlossen. Aus dem Wirtschaftsministerium war Ähnliches zu hören.
Die neue Umlage für die Stromkunden könnte 0,25 Cent pro Kilowattstunde betragen. Für einen Drei-Personen-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 2.000 Kilowattstunden würde die Rechnung um fünf Euro steigen. Der monatliche Zusatzbeitrag betrüge rund 40 Cent. Zum Vergleich: Für einen entsprechenden Haushalt macht die Öko-Umlage für die Energiewende zur Zeit etwa sechs Euro monatlich aus (3,59 Cent pro Kilowattstunde). Trotz der relativ geringen Summen ist die Erhöhung für die Regierung heikel, weil FDP, Industrieverbände und Verbraucherschützer die aus ihrer Sicht zu hohen Kosten der Energiewende kritisieren.
Im aktuellen Fall geht es um die Haftung für nicht rechtzeitig fertiggestellte Netzanbindungen der Windparks auf dem Meer. Bisher haftet vor allem der Netzbetreiber Tennet, wenn er die Gleichstromkabel auf dem Meeresgrund nicht planmäßig verlegt, der Windstrom nicht eingespeist wird und den Eigentümern der Rotoren Verluste entstehen. Die Haftungskosten, die schnell in die Milliarden steigen, meint das Unternehmen nicht selbst tragen zu können. Außerdem fällt es Tennet schwer, Geldgeber und Kapital zu aquirieren. Damit der Ausbau der Windparks nicht noch mehr ins Stocken gerät, will die Regierung der Firma nun helfen.
In bestimmten Fällen sollen beispielsweise 80 Prozent der Entschädigungen, die der Netzbetreiber an einen Windpark zahlt, auf die Stromkunden umgelegt werden. 20 Prozent müssen die Kabelfirmen selbst tragen. Für alle Stromkunden, die bis zu einer Million Kilowattstunden pro Jahr verbrauchen – Privathaushalte und Firmen – beträgt der Aufschlag auf die Umlage 0,25 Cent pro Kilowattstunde. Große Stromverbraucher, die mehr als eine Million Kilowattstunden abnehmen, sollen nur 0,05 Cent zahlen. Diese „Ungleichbehandlung“ hatte Aigner kritisiert, ändern kann sie daran offensichtlich nichts. Nachgeben will das Wirtschaftsministerium aber wohl bei der Kilowatt-Grenze: Ursprünglich sollte der ermäßigte Betrag schon Firmen ab 100.000 Kilowattstunden zugute kommen, nun gilt er nur noch für große Stromverbraucher.
Der Kompromiss könnte außerdem einige Maßnahmen beinhalten, die verhindern sollen, dass die Energiefirmen zu viele Kosten auf die Kunden umlegen. So müssen Netzbetreiber Haftungsfälle dokumentieren und im Internet veröffentlichen. Die Bundesnetzagentur als Aufsichtsbehörde soll die Zahlungen prüfen.