Heuschrecken suchen Bauernland

Investoren nehmen Äcker, Wiesen und Wälder ins Visier / Agrarminister sind besorgt /Ökolandbau kann steigende Pachtpreise nicht schultern

Teilen!

Von Wolfgang Mulke

25. Apr. 2012 –

Finanzstarke Investoren haben landwirtschaftliche Flächen weltweit schon länger aus lukrative Anlagemöglichkeit entdeckt. Insbesondere in Afrika, Südamerika oder Australien haben sich auch Spekulanten eingekauft, die sonst eher in Börsenberichten erwähnt werden. Nach einer Schätzung des Bundeslandwirtschaftsministeriums wurden in den vergangenen Jahren bis zu 80 Millionen Hektar Land an Privatanleger veräußert. Das entspricht der Fläche von Frankreich plus einem guten Stück Deutschlands.


Doch auch hierzulande wächst das Interesse an Landkäufen, wie eine Studie des Ministeriums nahelegt. Insbesondere in Ostdeutschland werden landwirtschaftsfremde Käufer vorstellig. Die Nachfrage verteuert die Böden. „In Deutschland sind die Kauf- und Pachtpreise für landwirtschaftliche Flächen in den letzten fünf Jahren stark angestiegen“, stellen die Autoren fest. Dies werde oft mit den Aktivitäten überregional aktiver Investoren in Zusammenhang gebracht.


Im Osten erhöhten sich die durchschnittlichen Hektarpreise zwischen 2007 und 2010 von 4.200 Euro auf 7.800 Euro. In Brandenburg kletterten die Notierungen pro Hektar um 144 Prozent. In einzelnen Landkreisen wie der Uckermark verzeichnen die Fachleute sogar eine Verdreifachung der Kaufwerte. Mitunter, so konstatieren die Gutachter, treten die neuen Eigentümer wie gute Großgrundbesitzer vor 100 Jahren auf. Sie renovieren die Kirche, unterstützen die Kommune und veranstalten Feste für die Dorfgemeinschaft. Die Investoren sind nicht immer Heuschrecken. Die GLS Bank hat zum Beispiel über einen Fonds Flächen erworben, die Biobauern zur Verfügung gestellt werden. Andere bauen auf den Flächen Sonnen- oder Windkraftwerke.


Doch auch die Forscher konnten nicht genau klären, in welchem Umfang und mit welchen Folgen die Finanzprofis am Werk sind. Denn insgesamt hält sich das meldepflichtige Verkaufsvolumen bundesweit noch in Grenzen. Nur ein Prozent der Flächen wechseln jährlich den Besitzer. Trotzdem keimen bei den Agrarministern der betroffenen Länder zunehmend Sorgen. Denn der Trend geht nicht zum Direktkauf von Grund und Boden, sondern hin zu einer Kapitalbeteiligung an Landwirtschaftsunternehmen. Derlei Verschiebungen in den Besitzverhältnissen werden nirgendwo systematisch erfasst. „Es sind immer mehr außerlandwirtschaftliche Investoren vertreten“, beobachtet Sachsen-Anhalts Fachminister Onko Aeikens (CDU).


Den positiven Folgen stehen nach Einschätzung der kleineren landwirtschaftlichen Betriebe auch unerwünschte Nebenwirkungen gegenüber. Denn auch der Pachtgrund wird immer teurer. „Der Ökolandbau stößt aufgrund der höheren Pachten an Grenzen“, kritisiert Christoph Dahlmann von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). Biolandwirte können die höheren Ausgaben nicht erwirtschaften. Auch sieht die AbL die Tendenz zu einer noch intensiveren Landwirtschaft, wenn sie aufgrund der gestiegenen Kosten rentabler arbeiten muss.


Nun soll eine zweite Studie Aufschluss über die tatsächliche Verbreitung echter oder vermeintlicher Heuschrecken geben. Danach wollen Bund und Länder erörtern, ob der bestehende gesetzliche Rahmen ausreicht, um unerwünschte Landnehmer fernzuhalten. Aeikens ist davon nicht überzeugt. „Der Bodenmarkt hat sich geändert“, stellt der Minister fest, die Gesetze würden noch aus den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhundert stammen, als Kapitalgesellschaften auf dem Land keine Rolle spielten. Denn der einfache Landkauf an Spekulanten lässt sich schon heute verhindern. Dazu haben die Länder das Recht. Der Einstieg über den Umweg Firmenbeteiligung kommen sie derzeit nicht bei.





« Zurück | Nachrichten »