Hilfe gegen das KiK-Syndrom

Um Niedriglöhne wie beim Textil-Discounter KiK zu verhindern, wollen Einzelhandelsverband und Gewerkschaft einen Mindestlohn für die Branche vereinbaren. Neue Vorwürfe gegen Billigkette

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Von Hannes Koch

04. Aug. 2010 –

Lohndumping wie beim Textil-Diskounter KiK wollen der Einzelhandelsverband und die Gewerkschaft Ver.di künftig unterbinden. Demnächst werde man sich auf eine gemeinsame Lohnuntergrenze einigen, die dann für alle Unternehmen der Branche gelten soll, erklärten die Tarifpartner. Sie reagierten damit auf einen neuen Bericht der NDR-Redaktion „Panorama“ über schlechte Arbeitsbedingungen bei KiK, der am Mittwoch Abend ausgestrahlt wurde.


Der neue Mindestlohn wird erheblich über den 6,50 Euro liegen, die KiK den NDR-Recherchen zufolge seinen Aushilfen zahlt. „Der Einzelhandel ist keine Niedriglohnbranche“, sagte Stefan Genth, der Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbandes, gegenüber dieser Zeitung. „Lohndumping schadet der Branche.“ Mit der Gewerkschaft Ver.di führe der Verband deshalb intensive Gespräche, um bis zum nächsten Frühjahr einen „allgemeinverbindlichen Basislohn“ zu definieren. Zu dessen Höhe wollte Genth sich nicht äußern, sagte aber, dass die unterste Bezahlung der geltenden Tarifverträge heute um die sieben Euro pro Stunde betrage.


Diese Größenordnung reicht der Gewerkschaft nicht aus. Dort wünscht man sich einen Mindestlohn im Umkreis von zehn Euro. „Die durchschnittlichen Tariflöhne für Vollzeitverkäuferinnen liegen heute bei 12 bis 13 Euro brutto pro Stunde“, so Ver.di-Sprecherin Cornelia Haß. Trotzdem ist sie optimistisch, dass „wir mit dem Einzelhandelsverband zu einem guten Ergebnis kommen“. Nach der Einigung auf den Mindestlohn werde es Unternehmen wie KiK künftig nicht mehr möglich sein, niedrigere Gehälter zu zahlen. Die neue Untergrenze soll ab kommendem Jahr für die rund 2,9 Millionen Beschäftigten des deutschen Einzelhandels gelten.


Im Panorama-Beitrag kommen Beschäftigte von Kik zu Wort, die 4,75 Euro oder fünf Euro pro Stunde verdienten. Augenblicklich betrage der Lohn 6,50 Euro. Neben diesen Gehältern auf Hartz-IV-Niveau beschreibt der Bericht die Arbeitsverhältnisse in Zulieferfirmen von KiK in Bangladesh. Dort würden die Arbeiterinnen, die die Kleidung für den Textildiscounter nähten, umgerechnet 20 bis 35 Euro pro Monat verdienen. Selbst in einem armen Land wie Bangladesh könnten sie sich damit das Nötigste nicht leisten, beklagen die Arbeiterinnen.

 

In einer Erklärung schlug die KiK-Zentrale in Bönen bei Hamm am Mittwoch erstmals einen versöhnlichen Ton an: "In der starken Wachstumsphase haben wir uns ganz auf unser Kerngeschäft konzentriert und sicher Fehler gemacht. Dies bedauern wir außerordentlich. Wir haben aus der Vergangenheit gelernt und werden zukünftig anders agieren." So hat KiK nach Informationen des NDR nun den ehemaligen Otto-Manager Michael Arretz eingestellt. Otto ist bekannt für seine vergleichsweise sozial- und umweltverträgliche Unternehmenspolitik.

 

Info-Kasten I

KiK

Der Textildiscount gehört zur Unternehmensgruppe Tengelmann. 1994 gegründet, bietet die Firma Kleidung zum „vergleichbar günstigsten Preis“ in fast 3.000 Filialen in Deutschland, Österreich und Südosteuropa an. Bald sollen es 5.000 Geschäfte sein.


Info-Kasten II

Löhne in Bangladesh

Die Industrielöhne in Bangladesh gehören zu den niedrigsten der Welt. Zulieferer von Unternehmen wie KiK, die dort Kleidung produzieren lassen, zahlen ihren Beschäftigten oft umgerechnet nur 20 oder 30 Euro monatlich. Mit Streiks wollen die Arbeiter, meist junge Frauen, jetzt eine Lohnuntergrenze von 5.000 Taka pro Monat durchsetzen (etwa 53 Euro). Die Regierung bietet 3000 Taka an (32 Euro).

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