H&M will existenzsichernde Löhne umsetzen

Arbeiter in Bangladesch und anderen Staaten müssten Bezahlung erhalten, die über dem Mindestlohn liegt. Konferenz des BMZ

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Von Hannes Koch

25. Nov. 2013 –

Der Textilkonzern H&M hat am Montag in Berlin eine weitreichende Zusage gemacht. „Alle unsere Zulieferer sollten ihren Beschäftigten existenzsichernde Löhne zahlen,“ sagte H&M-Managerin Helena Helmersson. In die Praxis umgesetzt, würde eine solche Politik dazu führen, dass die Löhne in Bangladesch, Indien oder China stark steigen.

 

Helmersson sprach bei der Konferenz über „Living Wages“ (Existenzlohn), die unter anderem das niederländische Außenministerium und das deutsche Ministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) organisiert hatten. Die rund 200 Teilnehmer aus aller Welt verabschiedeten einen Aufruf, existenzsichernde Löhne in den globalen Zulieferketten der Konzerne durchzusetzen.

 

Unter „existenzsicherndem Lohn“ versteht man eine Bezahlung, die die Grundbedürfnisse der Arbeiter und ihrer Familien sichert, sowie Altersvorsorge, Bildungsausgaben für die Kinder und gewisse Ersparnisse abdeckt. Meist müsste sie wesentlich über den Mindestlöhnen liegen, die die Gesetze in Bangladesch und anderen Staaten vorsehen.

 

Das gilt auch für Deutschland. Hartz IV oder der künftige Mindestlohn, den Union und SPD vereinbaren wollen, reichen in vielen Fällen nicht aus, um die Existenz einer drei- oder vierköpfigen Familie mit einem Einkommen zu sichern. Insofern war es auf den ersten Blick erstaunlich, dass in einer seiner letzten Amtshandlungen ausgerechnet FDP-Minister Dirk Niebel die Konferenz eröffnete – schließlich gehören Regelungen für höhere Löhne nicht zu den Prioritäten der Liberalen. Offenbar konnte sich Niebel aber auch deshalb für das Thema erwärmen, weil es ihm um einen freiwilligen Prozess geht, dessen Ergebnisse vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern - weit weg von Deutschland - eine Rolle spielen sollen.

 

Ingesamt exisiert ein frappierenden Widerspruch. Das Recht auf eine existenzsichernde Bezahlung steht unter anderem in der Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen. Trotzdem fühlt sich kaum einer der internationalen Konzerne wie H&M, Walmart, Apple oder Adidas daran gebunden – unter anderem, weil Regierungen und Rechtssysteme sie nicht dazu zwingen.

 

Beispiel Bangladesch: Die Arbeiter müssten eigentlich umgerechnet 62 Euro monatlich erhalten, sagte während der Konferenz Lilianne Ploumen, Entwicklungsministerin der Niederlande. Tatsächlich wurde der Mindestlohn dort unlängst auf 50 Euro angehoben. „Eine große Verbesserung, aber nicht genug“, so Ploumen.

 

H&M will nun bis 2014 existenzsichernde Löhne „in drei Modellfabriken“ umsetzen. Später sollen weitere Zulieferer folgen. Ob dadurch die Preise in den Geschäften steigen, wollte Helmersson nicht sagen. Die andere Möglichkeit: Der Textilkonzern akzeptiert, dass seine Gewinnmarge leicht sinkt.

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