Hobeln an der Energiewende

Selbst Abgeordnete von Union und FDP kritisieren die heftigen Einschnitte bei der Solarförderung, die das Bundeskabinett am Mittwoch beschloss. Sind diese Kürzungen grundsätzlich gerechtfertigt?

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Von Hannes Koch

29. Feb. 2012 –

Eine neue Kürzung der Förderung für Solarenergie hat am Mittwoch das Bundeskabinett beschlossen. Aber selbst aus den Fraktionen von Union und FDP im Bundestag kommt Kritik. So will CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt die niedrigeren Fördersätze, die schon ab 9. März gelten sollen, teilweise verschieben. Dies gebiete der „Vertrauensschutz“ für Investoren, die den Bau von Solarkraftwerken auf der Basis der bisherigen Förderung bereits geplant hätten, so Hasselfeldt. Ist die Absenkung grundsätzlich richtig oder stellt sie einen Anschlag auf die Energiewende dar, wie der Branchenverband der Solarwirtschaft argumentiert?


Mit kleinen und großen Solaranlagen konnte man 2011 sehr gute Geschäfte machen. Besitzer von Wohnhäusern und Bauern erwirtschaften seitdem teilweise zweistellige Renditen – staatlich garantiert über 20 Jahre. Möglich wurden diese nicht beabsichtigten Extra-Profite, weil die Preise für Solarmodule im vergangenen Jahr teilweise um die Hälfte einbrachen. Während deutsche Modulhersteller wie Solon, Q-Cells und Solarworld unter der scharfen Preiskonkurrenz aus China leiden, verdienen Projektentwickler und Betreiber von Anlagen gut, weil sie einerseits von den sinkenden Preisen, andererseits von der hohen Einspeisevergütung profitieren.


Nun wollen Röttgen und Rösler die Einspeisevergütung so weit kappen, dass nach Berechnungen des Beratungsunternehmens Prognos der Profit für kleine Solaranlagen auf sechs bis acht Prozent pro Jahr sinkt, der Gewinn für große Freiflächen-Kraftwerke auf knapp zwei Prozent. Das heißt: Der Boom der Dachanlagen könnte weitergehen, während die Errichtung großer Solarparks in Deutschland sehr viel schwieriger wird.


Wegen der Förderkürzung bekommen die ohnehin angeschlagenen Hersteller von Photovoltaik-Modulen nun zusätzliche Probleme. Solon in Berlin hat schon Insolvenz angemeldet, Q-Cells ringt mit seinen Gläubigern. Wäre es deshalb ratsam, mehr Geld zu zahlen, um eine Zukunftsindustrie zu schützen, die über Jahrzehnte mühsam aufgebaut wurde?


Nur etwa 20.000 von insgesamt rund 130.000 Beschäftigten in einheimischen Unternehmen arbeiten direkt in der Fertigung von PV-Zellen und Modulen. So muss die Politik abwägen zwischen einigen tausend Jobs und Milliarden Euro möglicherweise ungerechtfertigter Subventionen. Die Erfahrung etwa mit dem deutschen Kohlebergbau zeigt: Branchen, die zu nicht konkurrenzfähigen Preisen produzieren, lassen sich auf die Dauer kaum aufrechterhalten.


Und wie sieht es auf Seiten der Stromverbraucher aus – werden die Privathaushalte durch die bisherige Förderung der Solarenergie finanziell zu sehr belastet, wie besonders Wirtschaftsminister Rösler argumentiert? In der Tat braucht der Sonnenstrom, der bisher nur knapp 20 Prozent des Ökostroms ausmacht, gut die Hälfte der gesamten Einspeisevergütung für regenerative Energien – acht Milliarden Euro pro Jahr. Allerdings schlägt das für einen Drei-Personen-Haushalt mit 3.000 Kilowattstunden jährlichen Stromverbrauchs monatlich nur mit knapp vier Euro zu Buche. Zudem hat Prognos berechnet, dass die weitere Solarförderung auf bisherigem Niveau selbst bei starkem Zubau bis 2016 nicht mal einen Cent pro Kilowattstunde zusätzlich beanspruchen würde. Der Grund: Solarstrom wird schnell billiger, und die aktuell hohen Kosten sind vor allem der teuren Subvention der Vergangenheit geschuldet.


Hinter der Debatte über die Solarförderung verbirgt sich also auch ein Machtkampf um die Zukunft der Energiewirtschaft. Die konventionellen Unternehmen verlieren Marktanteile. 2011 sank die Einspeisung aus Atom-, Steinkohle- und Erdgasanlagen um 33 Terrawattstunden, Ökostrom nahm dagegen um 19 TWh zu. Mehr erneuerbare Energie bedeutet weniger Strom aus den Kraftwerken der Konzerne E.ON, RWE, Vattenfall, EnBW und der großen regionalen Versorger. Dagegen wehrt sich die alte Industrie, der Verband der Energiewirtschaft (BDEW) begrüßt deshalb die Förderkürzung.

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