Hürden gegen Überwachung der Mitarbeiter

Flächendeckende Bluttests bei Stellenbewerbern, heimliche Videoaufnahmen, Ausforschen sozialer Internetnetzwerke – diese Mittel dürfen Arbeitgeber künftig nicht mehr anwenden, um Informationen über ihre Beschäftigten zu erlangen. Gesetzentwurf des Regieru

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Von Hannes Koch

25. Aug. 2010 –

Die Privatsphäre der Beschäftigten am Arbeitsplatz ist künftig besser geschützt. Manche Informationen über ihre Mitarbeiter, die sich die Arbeitgeber bislang beschaffen konnten, bleiben diesen künftig verborgen. So sind Bluttests im Bewerbungsverfahren bald nur noch unter engen Einschränkungen möglich. Das dürfte die Ergänzung des Datenschutzgesetzes bewirken, die das Bundeskabinett am Mittwoch beschloss.


Mit seinem Gesetzentwurf reagierte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) auf mehrere Daten-Skandale in Unternehmen. Firmen wie Beiersdorf, Daimler oder der NDR hatten Stellenbewerbern routinemäßige Bluttests abverlangt, die Bahn AG zahlreiche Mitarbeiter von Detektiven ausforschen und die Discount-Kette Lidl Beschäftigte mit versteckten Kameras filmen lassen.


Bluttests im Bewerbungsverfahren dürfen Unternehmen künftig nur noch dann durchführen, wenn damit „eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung“ überprüft werden kann. Routinemäßige Untersuchungen beispielsweise der Fließbandarbeiter eines Autokonzerns sind nach Einschätzung des Berliner Arbeitsrechtsanwalts Lorenz Mayr nicht mehr möglich. Medizinische Eignungstests sollten nur noch in besonders begründbaren Fällen stattfinden, sagte Innenminister de Maizière – etwa, wenn angehende Ärzte mittels Bluttest nachweisen, dass sie nicht unter ansteckenden Krankheiten leiden.


Auch bei der Internetrecherche über ihre Mitarbeiter müssen Arbeitgeber bald vorsichtiger sein. Sie dürfen nur noch die Informationen über Stellenbewerber verwenden, die auf öffentlich zugänglichen Internetseiten stehen. Verboten ist es den Personalchefs künftig beispielsweise, sich als „Freund“ eines Arbeitnehmers im sozialen Netzwerk Facebook anzumelden und die damit gewonnenen Erkenntnisse im Bewerbungsverfahren zu verwenden. Die aktive Anmeldung auf einer Internetseite stelle die „Hürde“ dar, die die Firma bei der Informationsbeschaffung nicht überschreiten dürfe, sagte de Maizière: „Private Netzwerke sollen kein Einfallstor sein“.


Die heimliche Videoüberwachung von Beschäftigten durch ihren Arbeitgeber will de Maizière komplett verbieten. Auch Bereitschafts-, Pausen- oder Sanitärräume, die vornehmlich den privaten Bedürfnissen der Arbeitnehmer dienen, dürfen nicht gefilmt werden. Kameras in den öffentlichen Räumen, etwa den Verkaufsbereichen eines Supermarktes, kann die Firma aber installieren, um beispielsweise Ladendieben auf die Spur zu kommen. Gegenüber den Beschäftigten muss diese Überwachung aber offen sein, die Kameras müssen gekennzeichnet werden.


Auch den automatisierten Abgleich von Mitarbeiterdaten und Informationen über Lieferanten schränkt der Gesetzentwurf ein. Solche Mittel hatte unter anderem die Bahn AG angewendet, um nach vermeintlich korrupten Mitarbeitern fahnden zu lassen. Nach dem Entwurf dürfen Daten zur Korruptionsbekämpfung nur noch erhoben werden, wenn ein konkreter Verdacht auf eine Straftat vorliegt.


Unter anderem diesen Punkt kritisierte Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt. Die Bekämpfung von Korruption und Kriminalität in Unternehmen werde behindert. De Maizière (CDU) sprach dagegen von einem "ausgewogenen Ausgleich zwischen den verschiedenen Interessen".


Die neuen Regeln will die Regierung in das Datenschutzgesetz einbauen. Der Gesetzentwurf geht jetzt dem Bundestag zu, wird im Oktober vom Bundesrat behandelt und könnte im kommenden Jahr in Kraft treten.


Info-Kasten

Bluttests

Viele große Firmen führten in der Vergangenheit gewohnheitsmäßige, flächendeckende Bluttests bei allen Stellenbewerbern durch. Bisher existiert nur eine sehr unkonkrete Rechtsgrundlage, die diese Fragen regelt. Nach starker öffentlicher Kritik haben Beiersdorf, Daimler, Merck, der NDR und andere Unternehmen allerdings Abstand von dieser Praxis genommen. Das neue Gesetz zum Arbeitnehmer-Datenschutz wird dafür sorgen, dass Bluttests in Unternehmen nur noch in Ausnahmefällen stattfinden.

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