Hunderttausende holen sich Kreditgebühren zurück

Seit Jahresanfang können nur noch Gebühren ab dem Jahr 2012 zurückgefordert werden. Im Jahresverlauf könnte der BGH weitere Entscheidungen zugunsten der Kunden fällen.

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Von Wolfgang Mulke

30. Jan. 2015 –

Banken, Volksbanken und Sparkassen zahlen derzeit offenkundig Hunderttausenden Kreditkunden zu Unrecht erhobene Gebühren zurück. Anlass ist ein Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) vom vergangenen Sommer. Der BGH hat entschieden, dass Bearbeitungsgebühren bei der Darlehensvergabe nicht erhoben werden dürfen.

 

Das hat nun eine Welle von Rückforderungen ausgelöst. Beim Ombudsmann der privaten Banken sind bis Ende 2014 über 100.000 Eingaben dazu eingegangen. In einem normalen Jahr erreichen die Schlichtungsstelle bis zu 7.000 Schreiben von Kunden. Allein am 29. Dezember landeten 30.000 Einschreiben im Postfach des Schlichters. Denn mit diesem Verfahren wurde eine sonst am Jahresende eintretende Verjährung der Forderungen unterbrochen. Das Online-Portal Finanztip.de berichtet, dass ihr Musterschreiben für Bankkunden drei Millionen Mal heruntergeladen wurde.

 

„Die Eingaben müssen nun geprüft werden“, sagt Tanja Beller, Sprecherin des Bundesverbands deutscher Banken (BdB), Tanja Beller. Angesichts der hohen Zahl bittet der Verband die Betroffenen um Geduld. So habe erst die Hälfte der Zuschriften mit einer Eingangsbestätigung beantwortet werden können. „Wenn man per Mail oder Brief an die Schlichtungsstelle geschickt hat, ist die Verjährung auch ohne diese Bestätigung gehemmt“, versichert Beller.

 

Viele Leser berichten von Schwierigkeiten mit der Rückvergütung oder haben ablehnende Antworten ihrer Bank erhalten. Deshalb folgen hier die wichtigsten Fragen und Antworten zu den am häufigsten genannten Problemen.

 

Wer kann heute noch zu Unrecht erhobene Bearbeitungsgebühren von seiner Bank zurückfordern?

 

Zum Jahresende 2014 sind alle Forderungen aus den Jahren 2011 und davor verjährt. Sofern die Verjährung nicht durch eine Erklärung der Bank gehemmt wurde, oder bereits eine Klage läuft oder der Ombudsmann der Privatbanken eingeschaltet wurde, gehen die Kunden leer aus. Das gilt auch, wenn eine Forderung rechtzeitig an die Bank gestellt wurde, diese sich aber stur stellte und fälschlich auf eine bereits eingetretene Verjährung verwies.

 

Dürfen auch Gebühren zurückgefordert werden, die bei der Vergabe von Förderkrediten berechnet wurden?

 

Generell bezog sich der BGH in seiner Entscheidung vom letzten Sommer auf Privatdarlehen. KfW-Baukredite werden staatlich gefördert, sind also Förderkredite, die von dem Urteil nicht berührt werden. Doch ganz klar ist dies noch nicht. Hat eine Landes- oder Investitionsbank das KfW-Darlehen ausgereicht, sieht die Stiftung Warentest wenig Hoffnung. „Wahrscheinlich gibt es keine Chance auf Erstattung“, glauben deren Experten. Hat eine Bank oder Sparkasse ein gefördertes Darlehen vergeben, sieht es womöglich anders aus. Nach mehreren unterschiedlichen Gerichtsurteilen muss der BGH einen Grundsatz bestimmen, was vermutlich noch in diesem Jahr der Fall sein wird. „Ich wage keine Prognose über das Ergebnis“, dämpft der Bankexperte der Stiftung, Christoph Herrmann, hohe Erwartungen. Sollten die höchsten Richter zugunsten der Kunden entscheiden, können sie danach auch Gebühren bei KfW-Krediten zurück verlangen.

 

Wie steht es um Gebühren, die für die Wertermittlung von Grundstücken bei Immobilienkrediten berechnet wurden?

 

Diese Gebühren wurden bereits durch frühere Urteile des BGH für unrechtmäßig erklärt. Auch hier gilt aber, dass vor 2011 oder zuvor entstandene Rückforderungsansprüche mittlerweile verjährt sind. Spätere Zahlungen dafür können die Kunden zurückfordern. „Das darf nicht auf den Kunden abgewälzt werden“, versichert Herrmann.

 

Gilt die BGH-Entscheidung zu den Bearbeitungsgebühren auch für zweckgebundene Kredite?

 

Das Urteil umfasst alle Privatkredite, also auch den Auto- oder den Immobilienkredit.

 

Wie gehen Kunden vor, die noch berechtigte Rückzahlungsansprüche geltend machen wollen?

 

Mit Hilfe von Musterschreiben, die zum Beispiel auf dem Webportal www.finanztip.de angeboten werden, wird von der Bank zunächst eine Erstattung gefordert. Zahlt die Bank nicht, bietet sich eine Eingabe beim Ombudsmann der privaten Banken an. Damit wird die Verjährung unterbrochen. Kommt es zu keiner Einigung mit der Bank, hilft nur eine Klage. Da kann es sich lohnen, einen Rechtsanwalt einzuschalten.

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