• Weniger Steuern ist besser?

Investition statt Steuersenkung

Kommentar zum CDU-Vorschlag

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Von Hannes Koch

10. Aug. 2016 –

Es gibt Wichtigeres, als die Steuern zu senken. Den meisten Bürgern geht es gut, die Unternehmen haben ausreichend Aufträge. Über mangelnde Gewinne brauchen Sie sich nicht zu beklagen. Die Zahl der Arbeitsplätze wächst, und auch die Löhne steigen. Die Forderung der CDU-Mittelstandsvereinigung nach einer umfangreichen Steuersenkung entbehrt damit der Plausibilität.

Als Argument bemühen die CDU-Politiker, dass die solide Wirtschaftsentwicklung dem Staat steigende Einnahmen verschaffe. Aber warum soll man diese an Leute ausschütten, die ohnehin gutes Geld verdienen? Die Begründung kann allenfalls eine taktische sein: Auch Mittelstand und Mittelschicht sollen mal wieder den Eindruck bekommen, dass die Union sich um sie kümmert. Diesem Zweck dienen Vorschläge wie höhere Werbungskostenpauschale, großzügiger Kinderfreibetrag und Entlastung für Jahreseinkommen um die 60.000 Euro.

Nachvollziehbar erscheinen dagegen Maßnahmen, die gezielt Geringverdiener entlasten. Denn die Einkommens- und Vermögensunterschiede zwischen Armen und Wohlhabenden, beziehungsweise Reichen nehmen zu. Auch solche Vorschläge hat die CDU-Mittelstandsvereinigung auf ihrer Liste.     Hier könnte man aber deutlich mehr tun. Zu erwägen wären ein höherer steuerlicher Grundfreibetrag und ein niedrigerer Eingangssteuersatz. Eine weitere Baustelle ist die Belastung mit Sozialabgaben. Leute mit niedrigen Einkommen sollten von einem reduzierten Eingangstarif profitieren.

Vor allem aber muss es um öffentliche Investitionen gehen. Während der zurückliegenden anderthalb Jahrzehnte ist vieles liegengeblieben, für das der Staat kein Geld aufwenden wollte. Kein Bürger würde sich über mehr Lehrer und Erzieherinnen beschweren. Angesichts der Terrorgefahr ist auch nichts gegen zusätzliche Stellen bei der Polizei einzuwenden. In ländlichen Regionen fehlen ausreichende Datenleitungen. Für diese öffentlichen Aufgaben brauchen die Finanzminister in Bund und Ländern mehr Geld, nicht weniger.

Übrigens befindet Deutschland sich gegenwärtig in einer Sonderrolle. In vielen anderen europäischen Staaten läuft die Wirtschaft nicht so gut wie hier. Die größte Ökonomie der EU trägt deshalb eine Verantwortung für die Überwindung der noch immer herrschenden Wirtschaftskrise. Nur wenn der deutsche Staat seine finanziellen Spielräume nutzt und Dutzende Milliarden investiert, entsteht ein Sog internationaler Nachfrage. Das wäre ein Beitrag, dass die Inflation anzöge und die Europäische Zentralbank die Zinsen wieder erhöhen könnte. Mehr öffentliche Ausgaben dienten so auch den Sparern, die unter der aktuellen Niedrigzinspolitik leiden.

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