Karstadt hat eine Chance

Nach der Übernahme durch Benko braucht die Warenhauskette aber Investitionen

Teilen!

Von Hannes Koch

15. Aug. 2014 –

Nach der Übernahme von Karstadt durch die österreichische Signa-Gruppe kann es durchaus eine Zukunft für den angeschlagenen Warenhaus-Konzern geben. „Das Unternehmen sollte sein Angebot auf ausgewählte Produktbereiche beschränken und den Kunden bessere Informationen geben, als das Internet es kann“, sagte Peter Rose, Professor der Hochschule Bremen, gegenüber dieser Zeitung. Angesichts der neuen Wendung in der Karstadt-Geschichte streiten Experten darüber, welche Chancen das alte Konzept des Warenhauses in Deutschland noch hat.

 

Die Erklärung von Signa, hinter der unter anderem der Unternehmer René Benko steht, ließ am Freitag keine Zweifel: „Die Signa Retail GmbH wird zu Beginn der kommenden Woche die Karstadt Warenhaus GmbH vollständig von der Berggruen Holdings übernehmen.“ Damit ist die österreichische Firma dann alleinige Eigentümerin der 83 Karstadt-Filialen, der Edel-Kaufhäuser KaDeWe in Berlin, Alsterhaus in Hamburg, Oberpollinger in München und der Sporthäuser. Hinzu kommen zahlreiche Immobilien. Der amerikanisch-deutsche Investor Nicolas Berggruen, der sich in den vergangenen Jahren erfolglos an der Sanierung von Karstadt versuchte, ist damit komplett raus.

 

Signa will sich nun auf die „Sanierung und die Zukunftsfähigkeit der Karstadt Warenhaus GmbH konzentrieren“, kündigte Geschäftsführer Wolfram Keil an. Was das bedeutet, ist bislang unklar.

 

Handelsexperte Rose riet Karstadt derweil, den bereits eingeschlagenen Weg der Spezialisierung fortzusetzen. „Beispielsweise bei Lebensmitteln und Textilien könnte das Unternehmen besondere Angebote machen“. In solchen Bereichen sei der stationäre Einzelhandel dem Internet überlegen. Denn beim Online-Kauf könnten die Kunden die Frische von Nahrungsmitteln nicht überprüfen und Textilien nicht anprobieren, so Rose.

 

In manchen Karstadt-Häuser funktionieren solche Konzepte ganz gut. Beispielsweise wurde der Verkauf von Unterhaltungselektronik und Smartphones eingeschränkt. Dagegen haben in manchen Filialen die Lebensmittelabteilungen mit hochwertigem Käse, Fleisch, Pasten und Weinen großen Zulauf.

 

Darüber, ob dieser Weg erfolgreich sein kann, herrscht innerhalb und außerhalb des Unternehmens allerdings Uneinigkeit. So wies Ökonom Gert Hessert von der Uni Leipzig daraufhin, dass 29 der bundesweit 83 Filialen des Warenhaus-Konzerns keine langfristig tragfähige Marktposition hätten. Die Liste der bedrohten Häuser soll demnach von Neumünster und Bremerhaven über Fulda und Mainz bis München, sowie Lörrach reichen. „An diesen Standorten kommt vieles zusammen: die generelle Konkurrenz durch Online-Anbieter, die sinkende Attraktivität des Warenhauses als Einkaufsstätte, aber auch eine geringe Wirtschaftskraft der Umgebung“, sagte Hessert, der früher selbst im Management des Essener Konzerns tätig war.

 

Die Rettungsversuche für Karstadt litten in den vergangenen Jahren wohl vor allem darunter, dass Eigentümer Berggruen nicht bereit war, zusätzliches Geld in das Unternehmen zu investieren. So ging die Modernierung zu langsam vonstatten, die Verluste blieben. Wenn Karstadt mit neuen Konzepten eine Chance haben soll, muss Benko Geld in die Hand nehmen und nicht nur Kapital aus dem Unternehmen herausziehen.

« Zurück | Nachrichten »