Kein Konsens ohne Konflikt
Kommentar zur Endlagersuche von Hannes Koch
24. Mär. 2013 –
Die rot-grüne Landesregierung Niedersachsens und Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) tun das Richtige. Sie haben sich darauf verständigt, die Suche nach einem Atomendlager in Deutschland grundsätzlich neu zu beginnen. Und zwar ohne Vorbedingungen darüber, dass irgendwelche Orte ausgeschlossen werden oder besonders in Frage kommen. Nur so lässt sich, wenn überhaupt, ein vorläufiger und relativer Frieden in einem Konflikt aushandeln, dessen Nachwirkungen noch hunderte Generationen beschäftigen werden.
Angesichts dieser Aufgabe zeigen sowohl Altmaier, als auch Stephan Weil und Stefan Wenzel, die Chefs der niedersächsischen Landesregierung, die Größe, auf ihre jeweiligen Lieblingsforderungen zu verzichten. Schmerzhaft ist nicht das zuletzt für Rot-Grün. Muss die neue Landesregierung ihren Anhängern doch erklären, warum das umstrittene Endlager Gorleben grundsätzlich im Rennen bleibt.
Bei der jetzt gefundenen Lösung will man den Versuch unternehmen, unabhängig von konkreten Orten möglichst allgemeingültige wissenschaftliche Kriterien für die Auswahl zu formulieren. Genau dies war früher nicht der Fall. So wurde Gorleben in den 1970er Jahren politisch intransparent zum Standort der Atomkippe erkoren, obwohl es beim vorhergehenden Verfahren als ungeeignet ausgeschieden war. Ein jahrzehntelanger, harter Konflikt nahm seinen Lauf. Jetzt scheint erstmals eine faire gesellschaftliche Übereinkunft erreichbar. Gelingt dies, ist das der erste, vielleicht einzige, aber auch entscheidende Erfolg von Umweltminister Altmaier.
Trotzdem wird es in einigen Jahren neuen Ärger geben - so gut und nachvollziehbar die Suche auch ablaufen mag. Schließlich muss man irgendwann einen konkreten Ort benennen. Die dort lebenden Bürger werden diese Entscheidung nicht hinnehmen, weil von radioaktivem Müll immer eine Gefahr ausgeht. Zudem lässt sich kein idealer Platz finden, sondern nur der beste unter den vorhandenen. Auf diese Aussicht können sich auch die Menschen in Bayern und Baden-Württemberg schon einmal vorbereiten. Vielleicht wird die Gesellschaft durch die Atomfrage später nicht mehr so gespalten wie in den vergangenen Jahrzehnten, aber einen Konsens ohne Konflikt gibt es ebenfalls nicht.