Kein Mangel an Ideen

Debatte um die Leistungen für Langzeitarbeitslose ist in vollem Gange. An Vorschlägen mangelt es nicht. Eines haben alle Beiträge gemeinsam: viele Nachteile.

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Von Wolfgang Mulke

19. Feb. 2010 –

Wenn die Leistungen für Langzeitarbeitslose gekürzt werden, wie es die 
FDP will...

...steigt der Druck, sich eine Stelle zu suchen. Das fordert zum
Beispiel eine Mehrheit im Sachverständigenrat der Bundesregierung. Die
Wirtschaftsweisen fordern eine Absenkung des Regelsatzes von derzeit 359
Euro um ein Drittel. Zugleich sollen die Zuverdienstmöglichkeiten
verbessert werden. Davon erhoffen sich die Experten einen stärkeren
Anreiz zur Stellensuche. Das Problem ist aber, dass eine Verringerung
der Unterstützung vermutlich verfassungswidrig wäre. Eine etwas andere
Strategie verfolgen Teile der FDP. Die Liberalen verlangen einen
schärferen Kurs der Jobcenter. Wenn jemand ein Arbeits- oder
Bildungsangebot ablehnt, können die Agenturen schon heute die Leistungen
um 30 Prozent kürzen. Von dieser Möglichkeit sollen sie nach Vorstellung
der FDP stärker Gebrauch machen und so den Druck erhöhen, sich
selbständig eine neue Arbeitsstelle zu suchen.

Kombilöhne könnten die Lösung sein...

...glauben die Forscher Ulrich Walwei und Peter Bofinger. Sie wollen die
Mini- und Midijobs abschaffen, bei denen die Sozialabgaben und die
Steuern subventioniert werden. Stattdessen plädieren die Wissenschaftler
für einen Steuerbonus für Geringverdiener. Das Finanzamt übernimmt auf
diese Weise einen Teil der Sozialabgaben. Außerdem soll das Kindergeld
für Niedriglöhner erhöht werden, wenn sie eine Teilzeit- oder
Vollzeitstelle annehmen. Gleichzeitig werden für die
Langzeitarbeitslosen bei diesem Modell die Möglichkeiten begrenzt, etwas
hinzuzuverdienen. Das Bündel an Veränderungen soll dazu führen, dass
sich Langzeitarbeitslose eher um eine volle Stelle bemühen als ihre
Regelleistungen durch einen Minijob aufzubessern. Bei geringen Löhnen
hätten die Beschäftigten durch die Subvention der Sozialabgaben netto
mehr übrig als heute.

Hohe Mindestlöhne lassen Arbeit attraktiv werden...

...sagen SPD und Gewerkschaften. Stundenlöhne von wenigstens 7,50 Euro
sollen zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Einerseits wird ein
Abstand zwischen den Unterstützungsleistungen und dem niedrigsten Lohn
eingehalten, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist, andererseits steigt
die Motivation, sich den Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Das
Konzept hat jedoch einen gravierenden Nachteil. Denn die Hilfeleistungen
für Familien sind jetzt schon höher als der geforderte Mindestlohn. Für
diesen Kreis der Langzeitarbeitslosen lohnt sich die Jobsuche oft gar
nicht, zumindest finanziell.

Von anderen Ländern lässt sich lernen,...

...dass vergleichbare Staaten auch noch keine Patentlösung gefunden
haben. Dabei gehen die Länder sehr unterschiedliche Wege. Die USA
beschränken zum Beispiel die Sozialhilfe auf einen Zeitraum von fünf
Jahren während der gesamten Lebenszeit. Danach fallen die Betroffenen
ins Bodenlose. Arbeitslose Engländer fallen finanziell schnell tief. Sie
müssen von rund 290 Euro im Monat leben. Laut OECD sind die Holländer am
besten dran, wenn sie ihren Job verlieren. Das Arbeitslosengeld fließt
drei Jahre statt nur zwölf Monate wie in Deutschland. Danach gibt es
eine Grundsicherung von fast 650 Euro. Dafür üben die Stellenvermittler
starken Druck aus. Wenn es Jobs gibt, müssen sie auch angenommen werden.

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