Kein Spiegel der Weltgesellschaft
Kommentar zum Weltwirtschaftsforum 2015 von Hannes Koch
23. Jan. 2015 –
Das Weltwirtschaftsforum in Davos wird nicht unwichtiger, wie es seine Kritiker gerne behaupten. In diesem Jahr waren mehr Staats- und Regierungschefs da als 2014 – über 40. Erstaunlich für eine private Veranstaltung, die nur einen Diskussionsrahmen bieten will, um „die Welt besser zu machen“. Organisator Klaus Schwab war so von seinem Erfolg überzeugt, dass er den Kongress einen „wirklichen Spiegel der Weltgesellschaft“ nannte. Das jedoch stimmt nicht.
Amerikaner und Engländer haben traditionell ein starkes Übergewicht in Davos, wobei die Chinesen aufholen. Frauen werden speziell eingeladen, damit überhaupt welche da sind. Fast gar keine Stimme beim WEF haben die Milliarden Menschen, die arm sind oder leidlich über die Runden kommen. Diesen Mangel können die wenigen Organisationen der Zivilgesellschaft, die das Forum kooptiert, nicht wettmachen. Zwar hat sich die Veranstaltung geöffnet. Kritiker der herrschenden Politik werden immerhin eingeladen - allen voran in diesem Jahr die aus Uganda stammende Oxfam-Geschäftsführerin Winnie Byanyima. Die Anliegen, die solche Leute vertreten, werden beim WEF allerdings nicht hegemonial. Sie sind Zierde, Beiwerk, allenfalls ein interessanter Gedanke oder moralischer Appell. Denn die Hauptrichtung der Diskussionen bestimmen die Unternehmer, Banker, Konzernchefs, Investoren und Ökonomen, für die das Forum ursprünglich gemacht wurde. In Davos gibt es für jedes Problem der Welt eine Lösung, mit der man Geld verdienen kann. Andere Regelungsmechanismen als der Markt werden häufig nicht ernstgenommen.
Mittlerweile will das WEF den Schritt tun vom Reden zum Handeln. Man bietet sich der Politik als Helfer an. Wegen der Schlagseite zur Wirtschaft könnte das jedoch auf eine gefährliche Privatisierung von Politik hinauslaufen. Diskussionen – bitte schön. Entscheiden und umsetzen sollten dann aber die demokratisch gewählten Regierungen, von denen man verlangen kann, dass sie sich von Wirtschaftsinteressen abgrenzen.