Keine Bankgeschäfte mit dem Handy

Verbraucherministerin sieht große Lücken im Datenschutz bei Smartphones / Branche warnt vor Überregulierung

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Von Wolfgang Mulke

07. Feb. 2012 –

Bankgeschäfte mit dem Handy sind anscheinend nicht sonderlich sicher. „Derzeit würde ich nicht vom Smartphone aus Internetbanking praktizieren“, warnt Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner. Die CSU-Politikerin sieht noch beträchtliche Lücken im Datenschutz bei den mobilen Geräten. Selbst der Chef des Branchenverbands Bitkom, Dieter Kempf, macht nach eigenen Angaben unterwegs allenfalls mit geringen Summen Geldtransfers.


Der Datenschutz bei der internetfähigen Handygeneration sorgt die Experten. Aigner sieht vor allem drei neue Probleme, die beim Surfen von zuhause aus nicht auftreten. Im Ministerium sind demnach zahlreiche Beschwerden über gar nicht gebuchte, aber in Rechnung gestellte Dienste eingegangen. Denn viele Hersteller von Smartphones erlauben es den Anbieter solcher Dienste, auf die Daten der Benutzer zurückzugreifen. So können sie gerechtfertigte oder vermeintliche Forderungen mit der Telefonrechnung eintreiben. Aigner fordert von der Industrie nun, dass die Datenweitergabe für Abrechnungen grundsätzlich gesperrt werden kann.


Ein zweites Risiko sind die oft unverständlichen Geschäftsbedingungen und Datenschutzerklärungen. Mitunter bemerken die Nutzer gar nicht, dass sie gerade ein kostenpflichtiges Angebot annehmen. Das soll sich mit einer Gesetzesänderung bald ändern. Dann müssen entsprechende Dienste deutlich auf die damit verbundenen Kosten hinweisen und die Kunden den Vertrag ausdrücklich bestätigen. Doch das Gesetz hängt derzeit im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat. Schließlich ärgern die Ministerin die nach wie vor in Hinblick auf den Datenschutz lockeren Voreinstellungen der Hersteller und Diensteanbieter.


Ein Beispiel dafür ist die Ortungsfunktion vieler Programme. Die Anbieter können auf diese Weise Bewegungsprofile der Nutzer erstellen. Die Funktion kann zwar deaktiviert werden, doch machen sich nur wenige Nutzer diese Mühe, zumal die Ortung mitunter sehr sinnvoll ist, etwa bei Navigationsprogrammen. So bringen auch kostenlose Offerten den dahinter stehenden Firmen etwas ein. „Sie zahlen für alles, was sie im Internet machen,“, stellt Kempf fest, „im Zweifel mit ihren Daten.“ Denn die Informationen über einzelne Kunden sind bei den Werbetreibenden begehrt.


Wie groß der Markt für die mobilen Dienste ist und welche Umsätze im Datenhandel erzielt werden, vermag der Verband nicht genau zu beziffern. Doch Smartphones sind auf dem Vormarsch. Fast jedes zweite in Deutschland verkaufte Handy ist internetfähig. Bitkom erwartet im laufenden Jahr noch einmal einen Nachfrageschub von zehn Prozent. Der Verband wehrt sich gegen strengere Datenschutzregeln. Wenn Verbraucher grundsätzlich allen Programmschritten zustimmen müssten, würden die Dienste zu einem Hindernisparcour und unattraktiv, warnt Kempf. Aigner setzt dagegen auf europaweit einheitliche Regelungen. Denn momentan agieren große Anbieter wie Facebook aus Ländern heraus, deren Datenschutzrecht sehr locker ist. Facebook sitzt in Irland.


Die Verbraucher kennen die Missbrauchsgefahren mit ihren Daten. Trotzdem geben sie vielfach persönliche Informationen preis. Einer Bitkom-Umfrage zufolge haben vier von fünf Internetnutzer wenigstens einmal ein Profil im Netz erstellt. Meist offenbaren sich die Nutzer in sozialen Netzwerken. Aber auch bei Spieleanbietern oder in Singlebörsen werden häufig sensible Angaben hinterlassen. Für sicher hält nur eine Minderheit den Datenschutz. Fast 60 Prozent der Befragten sind da skeptisch. Die Datenschutzerklärungen liest kaum ein Kunde regelmäßig.

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