Keine Chancen auf billige Croissants

Europäische Zentralbank hebt Leitzinsen erneut an. Inflation soll gebremst werden

Teilen!

Von Björn Hartmann

16. Dez. 2022 –

Angesichts der immer noch hohen Inflation von 10,0 Prozent hat die Europäische Notenbank die Leitzinsen erhöht. Sie folgt dem Vorbild der US-Notenbank Fed. Sparer können sich freuen. Die Preise allerdings werden eher nicht sinken. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Was hat die Europäische Zentralbank beschlossen?

In der Euro-Zone steigt der wichtigste Zinssatz, der Leitzins, zu dem sich die Geschäftsbanken Geld bei der Zentralbank leihen können, um 0,50 Prozentpunkte auf 2,50 Prozent. Es ist der dritte Zinsschritt seit Ende Juli. Damals lag der Leitzins bei 0,00 Prozent, Banken mussten auch noch Strafzinsen bezahlen, wenn sie Geld bei der EZB parkten. Inzwischen bekommen sie dafür wieder geringe Zinsen. Am Mittwoch hatte bereits die US-Notenbank den zentralen Zinssatz um 0,5 Prozentpunkte auf 4,25 bis 4,5 Prozent erhöht, das siebte Mal infolge.

Wie wirkt die Zinserhöhung?

Steigt der Leitzins, wird es stark vereinfacht, teurer für die Banken, sich Geld bei der Europäischen Zentralbank zu beschaffen. In der Folge verteuern Banken Kredite oder gewähren weniger. Gleichzeitig wird es für die Geldinstitute wieder interessant, Geld bei der Zentralbank einzulagern, weil die EZB es verzinst. Insgesamt verteuern sich Investitionen, Firmen und Menschen halten sich mit Investitionen zurück. Indirekt soll  das bewirken, dass alle Menschen genauer rechnen und weniger kaufen. Direkt kann die Zentralbank die Preise für Lebensmittel und Energie nicht beeinflussen. An den Börsen wirken Zinserhöhungen meist zügig, weil hier Zukunft gehandelt wird. Im realen Leben kann es auch schon einmal eineinhalb Jahre dauern. Die US-Notenbank sieht sich bereits in ihrer Politik des teuren Geldes bestätigt: die Inflationsrate war im November auf 7,1 Prozent gesunken, der niedrigste Wert in diesem Jahr. Im Juni hatten die Statistiker noch 9,1 Prozent ermittelt.

Wenn die Inflationsrate zurückgeht, fallen dann auch die Preise?

Niedrige Inflation bedeutet nicht, dass alles billiger wird. Nur dass sie weniger steigen. Es wird also weiterhin teurer. Insgesamt werden die Preise in Deutschland Ende 2022 rund 7,8 Prozent höher liegen als Ende 2021, wie das Münchener Ifo-Institut berechnet hat. 2023 sollen die Preise danach um 6,4 Prozent steigen. Bundesbankpräsident Joachim Nagel erwartet sogar einen Wert über sieben Prozent.

Wann sinken die Preise wieder?

Grundsätzlich werden die Preise wohl nicht fallen. Das wäre eine Deflation, die Wirtschaftsexperten für gefährlich halten. Firmen müssten sparen, statt zu investieren, um am Markt mit niedrigeren Preisen bestehen zu können. Keine guten Aussichten. Das heißt auch: Das Croissant im Supermarkt, das jetzt 1,25 Euro kostet, wird wahrscheinlich nie wieder für 0,79 Euro wie Ende 2021 zu haben sein. Meist werden bestimmte Produkte zum Beispiel dank des technischen Fortschritts billiger. Lange war das etwa bei Computerchips so. Auch hoher Wettbewerb kann die Preise senken: Gibt es viele Anbieter eines Produkts, versuchen sie oft, über günstige Preise Marktanteile zu gewinnen.

Der Spritpreis fällt aber gerade. Warum?

Einige Produkte sind abhängig vom Weltmarkt, zum Beispiel die Öl- und damit indirekt auch die Spritpreise. Wird weltweit weniger Öl nachgefragt, während weiter die gleiche Menge gefördert wird, ist viel Öl am Markt, Käufer können günstigere Preise durchsetzen. In der Folge sinkt vereinfacht gesagt auch der Preis für Sprit an den Tankstellen. Das kann sich aber schnell wieder ändern. Auch die Preise für Flüssiggas unterliegen dem Weltmarkt. Hier haben die Notenbanken keinen Einfluss.

Was bedeutet die Zinserhöhung der EZB für diejenigen, die ein Haus oder eine Wohnung kaufen wollen?

Bereits in den vergangenen Monaten sind die Zinsen für Immobilienkredite gestiegen. Es wird also teurer, sich Geld für den Hauskauf zu leihen. Allerdings gibt es erste Anzeichen, dass die Immobilienpreise nicht mehr so stark steigen wie in der Vergangenheit, teils sogar zurückgehen.

Was bedeutet die Zinserhöhung für Sparer?

Die ersten Banken und Sparkassen haben die Zinserhöhung bereits an ihre Sparer weitergegeben. Auf Festgeldkonten sind mehr als zwei Prozent Zinsen für ein Jahr drin, bei Tagesgeld zum Teil wieder deutlich mehr als ein Prozent. Und erste Institute werben auch wieder mit höheren Zinsen um Neukunden, ein Phänomen, das in der Nullzinsphase der vergangenen zehn Jahre verschwunden war.

Werden die Zinsen weiter erhöht?

Für die Notenbanken ist es schwer, genau abzusehen, wie hoch sie die Zinsen anheben müssen, um die Inflation zu senken. Denn wird Geld zu teuer, bremst das die Wirtschaft aus, die auf bezahlbare Kredite angewiesen ist. Im März galten in den USA noch praktisch 0,0 Prozent, seither hat die Fed die Zinsen mehrfach erhöht. Und es geht weiter: Für 2023 sind trotz sinkender Inflation Leitzinsen knapp über fünf Prozent angepeilt. Die EZB ist bisher deutlich zurückhaltender gewesen, dürfte angesichts der hohen Inflationsraten aber gezwungen sein, weiter zu erhöhen.

Was ist das Ziel der Notenbanker?

In der Euro-Zone gilt eine Inflation von nahe zwei Prozent als wünschenswert. Die Preise steigen moderat, während die Wirtschaft wächst.

« Zurück | Nachrichten »