Keine Extrawurst für Bayern

Bundesregierung will Endlagerstandorte in allen Bundesländern prüfen. Erstmals Gesamtmenge des Atommülls prognostiziert.

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Von Wolfgang Mulke

12. Aug. 2015 –

Bayern wird sich aus der Lagerung von Atommüll wohl nicht heraushalten können. "Wir sind im Gespräch, was die Castoren angeht", sagte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) bei der Vorstellung des Nationalen Entsorgungsprogramms für radioaktive Abfälle. Deutschland muss in den kommenden Jahren noch 26 Castor-Behälter mit Brennstäben aus Aufbereitungsanlagen im Ausland zurücknehmen. Ein Teil davon soll in Bayern zwischengelagert werden, was die Landesregierung ablehnt. Auch bei der Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Stoffe will Hendricks alle in Deutschland denkbaren Standorte prüfen lassen. Es gebe eine "weiße Landkarte" zu Beginn der Erkundungen.

 

Mit dem Bericht zum Nationalen Entsorgungsplan hat die Bundesregierung erstmalig auch die Mengen an strahlenden Abfällen abgeschätzt. Besonders gefährlich sind 10.500 Tonnen Schwermetall in Form von bestrahlten Brennelementen aus dem Betrieb der Atommeiler. Sie werden in 1.100 Castor-Behältern aufbewahrt. Weitere 800 Behälter mit hochradioaktivem Material stammt aus der Wiederaufarbeitung alter Brennelemente sowie dem Betrieb von Forschungsreaktoren.

 

Dazu kommen rund 600.000 Kubikmeter schwach- und mittelradioaktive Abfälle. Zusammengestellt käme dies einem Müllhaufen gleich, der mehr als doppelt so groß wäre wie das Bundeskanzleramt. Diese Menge umfasst den Schutt aus dem Abbau der Atomkraftwerke, aber auch radioaktive Abfälle der Industrie oder Medizin. Darin enthalten sind auch jene 200.000 Kubikmeter Atommüll aus der maroden Schachtanlage Asse II, die umgelagert werden müssen.

 

Wo die strahlenden Reste der Atomwirtschaft langfristig untergebracht werden, steht nur zum Teil fest. Mit Schacht Konrad in Niedersachsen ist nur einer von zwei Standorten klar. Dort will Hendricks die schwach radioaktiven Materialien lagern. Für 303.000 Kubikmeter ist der Schacht zugelassen. Ursprünglich war eine Erweiterung des Lagers vorgesehen, um die aus der Asse gehobenen Abfälle auch dort unterzubringen. Das schließt die Bundesregierung zwar noch immer nicht aus, peilt aber eine andere Lösung an. Danach teilen sich diese Müllmengen zusammen mit hochverstrahltem Schrott den Platz im künftigen Endlager.

 

Die Suche nach dem Endlager für die hochradioaktiven Stoffe beginnt voraussichtlich im kommenden Jahr, wenn die Regierungskommission dazu die Kriterien für die Standortprüfung festgelegt hat. Bis der erste Castorbehälter seine letzte Lagerstätte findet, vergehen noch Jahrzehnte. "Wir werden nicht vor 2050 mit der Einlagerung ins Endlager beginnen können", sagt Hendricks. Der letzte Behälter wird erst gegen Ende des Jahrhunderts ins Endlager gebracht.

 

Angesichts des gewaltigen Aufwands für die Entsorgung des strahlenden Schrotts zeichnet sich kaum abschätzbare Kosten für den Umgang damit ab. Eigentlich sollen die Stromkonzerne, die für den Großteil der Abfälle verantwortlich sind, die Endlagerung bezahlen. Doch viele Experten bezweifeln, dass deren Rückstellungen dafür in Höhe von 38 Milliarden Euro am Ende ausreichen. Hendricks deutet nun an, dass die Bundesregierung von den Konzernen womöglich mehr verlangen wird. Im Herbst soll ein Gesetz auf den Weg gebracht werden, das diese Rückstellungen sichert. "Es geht auch um die Menge", betont die Ministerin mit Blick auf deren Höhe.

 

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