Keine Reform ohne Verlierer

Kommentar zur Familiensteuer von Hannes Koch

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Von Hannes Koch

10. Mai. 2013 –

Ohne Verluste wird die Reform der Familienbesteuerung nicht ablaufen. Manche Paare und Haushalte könnten irgendwann nach der Bundestagswahl höhere Steuerbescheide erhalten als heute. Wenn CDU-Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble oder Arbeitsministerin Ursula von der Leyen davon sprechen, ein neues Familiensplitting einzuführen, sollte man diese Möglichkeit zumindest einkalkulieren.


Die zusätzlichen steuerlichen Vergünstigungen für Familien mit Kindern kosten Milliarden Euro. Dieses Geld werden die Finanzminister von Bund und Ländern nicht aus ihren Haushalten herausschneiden wollen. Deshalb ist damit zu rechnen, dass für manche Bundesbürger die Steuern steigen – zum Beispiel für die, die bis heute stark vom Ehegattensplitting profitieren. Darunter dürften auch etliche Haushalte sein, die der Mittelschicht angehören, und als solche schon jetzt eine nicht eben niedrige Belastung spüren.


Die Diskussion über die steuerliche Gleichstellung homosexueller Paare und die Reform des Ehegattensplittings kommt oft als Wertedebatte daher. Wer darf was, wen toleriert und akzeptiert die Mehrheit? Wenn sich die Werte und Lebensformen einer Gesellschaft verschieben, hat dies aber auch materielle Konsequenzen. Dann geht es um die Neuverteilung von Einnahmen und Ausgaben. Manche Bundesbürger profitieren, andere verlieren.


Schwer vorstellbar ist, dass dies bei der Einführung des Familiensplittings anders wäre. Von der Leyen, Schäuble und die übrigen Reformer innerhalb der Union mögen diesen Punkt vor der Bundestagswahl nicht in den Vordergrund stellen. Die CSU, die nicht nur konservativer ist als die CDU, sondern im Herbst auch noch eine Landtagswahl zu bestehen hat, erst recht nicht. SPD, Grüne und Linke, die viel grundsätzlichere Reformen der Familiensteuern als die Regierungskoalition fordern, halten sich in der Frage der zusätzlichen Belastungen ebenfalls zurück. Den wohlklingenden Versprechungen, dass niemand einen Nachteil erleiden werde, sollte man jedoch lieber nicht glauben.

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