KiK will über weitere Entschädigung verhandeln

Opfer und Hinterbliebene des Brandes in der Textilfabrik Ali Enterprises sollen zusätzliches Geld erhalten

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Von Hannes Koch

19. Mai. 2016 –

259 Menschen starben beim Brand der Textilfabrik Ali Enterprises. Nun, vier Jahre nach dem Unfall in der pakistanischen Stadt Karachi, haben die Opfer und Hinterbliebenen eine Chance auf ausreichende Entschädigung. „Das deutsche Textilunternehmen KiK hat sich bereit erklärt, an weiteren Verhandlungen teilzunehmen“, sagt Berndt Hinzmann von der Kampagne für Saubere Kleidung (Clean Clothes Campaign, CCC). KiK war zeitweise der größte Auftraggeber bei Ali Enterprises.

 

Die Gespräche werden in Kürze bei der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) in Genf beginnen. Teilnehmen sollen unter anderem auch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ), die pakistanische Regierung und Gewerkschaften. Bisher hat KiK mit Hauptsitz in Bönen, Nordrhein-Westfalen, rund 800.000 Euro zur Verfügung gestellt, durchschnittlich gut 3.000 Euro pro Todesopfer. Den Hinterbliebenen der Toten und den beim Brand verletzten Arbeitern ist das aber zu wenig.

 

Die Billig-Textilkette, die zum Tengelmann-Konzern gehört, bestätigt, dass Verhandlungen beabsichtigt seien. Dazu bereit sei man allerdings schon seit „mehr als zwei Jahren“. Für die Verzögerung macht KiK unter anderem pakistanische Organisationen verantwortlich, die betroffene Beschäftigte und ihre Familien unterstützen. Die Vertreter der Opfer hatten dagegen den Eindruck, KiK wolle sich vor weiteren Zahlungen drücken.

 

Doch Unternehmen können sich heute nicht mehr so einfach aus der Affäre ziehen. Das sei eine Folge der Katastrophe von Rana Plaza im April 2013, sagt die Berliner Menschenrechtsanwältin Miriam Saage-Maaß. Beim Zusammenbruch des Fabrikkomplexes in Bangladesch waren über 1.100 Beschäftigte gestorben. Der Fall löste große Empörung aus. Rund 26,5 Millionen Euro als Entschädigung haben europäische und amerikanische Textilhändler mittlerweile an die ILO überwiesen. „Seit Rana Plaza ist klar, dass die Auftraggeber für Unfälle in der Verantwortung stehen“, so Saage-Maaß, die beim European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) arbeitet.

 

Hinsichtlich des Brandes bei Ali Enterprises meinen die Anwältin und ihr Berliner Kollege Remo Klinger einen weiteren Erfolg erzielt zu haben. Beim Landgericht Dortmund reichten sie eine Klage auf Schadensersatz und Schmerzensgeld ein. Vier Geschädigte des Ali Enterprises-Brandes verlangen von KiK jeweils 30.000 Euro. Es „ist beabsichtigt, im Juni über das Prozesskostenhilfegesuch der Kläger zu entscheiden“, teilt das Landgericht nun mit.

 

Das Gericht halte sich also für zuständig, schlussfolgern die Anwälte. Das wäre ein Novum der deutschen Rechtsprechung. Bisher kamen solche Klagen ausländischer Arbeiter gegen deutsche Auftraggeber hierzulande nicht zur Verhandlung. „Die Zulässigkeit der Klage wird noch nicht einmal von KiK selbst bestritten“, so Klinger. Das Landgericht selbst ist mit seiner Einschätzung jedoch vorsichtiger. Sowohl der Antrag auf Prozesskostenhilfe als auch die Zuständigkeit würden einstweilen nur geprüft, heißt es dort. Ob es überhaupt zum Prozess kommt, ist noch nicht klar.

 

Anwalt Klinger argumentiert gegen KiK, das deutsche Unternehmen habe seine Sorgfaltspflicht verletzt. Die Textilkette kümmerte sich demzufolge nicht ausreichend um die Arbeitssicherheit bei seinem pakistanischen Zulieferer. So waren die Fenster im Erdgeschloss des Fabrikgebäudes vergittert, weshalb viele Arbeiter nicht vor dem Brand fliehen konnten. Auch Notausgänge sollen verschlossen gewesen sein.

 

KiK weist die Vorwürfe zurück. Mangelnde Sorgfalt habe man sich keinesfalls zu Schulden kommen lassen. So lägen Kontrollberichte über Ali Enterprises vor, die keine Fehler beim Brandschutz dokumentierten. Der deutsche Textilhändler verweist außerdem auf ein neues Gutachten pakistanischer Ermittler. Demnach war Brandstiftung die Ursache des Feuers in der Zulieferfabrik. Auch dies interpretiert KiK als Beleg, dass man für die Todesfälle nicht verantwortlich gemacht werden könne.

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