Klein aber mächtig

Spartengewerkschaften verzeichnen oft große Erfolge

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Von Wolfgang Mulke

22. Feb. 2010 –

Größe allein ist mitunter kein Maßstab für die damit verbundene Macht. Das zeigt sich immer häufiger bei Tarifauseinandersetzungen. Die Riesengewerkschaften Verdi oder IG Metall müssen in diesem Jahr bescheiden bleiben. Die einen können angesichts der staatlichen Finanzklemme keine großen Gehaltsprünge für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes durchsetzen, die anderen stellen die Sicherung der Jobs über üppige Lohnforderungen.


So viel Rücksicht müssen kleine Gewerkschaften nicht nehmen. Die so genannten Spartengewerkschaften vertreten nur kleine Teile der Belegschaft eines Unternehmens. Lufthansa-Piloten, Kabinenpersonal, Lokführer, Fluglotsen und Krankenhausärzte haben sich in berufsspezifischen Vertretungen zusammengeschlossen. Darüber hinaus gibt es noch viele andere Minigewerkschaften, zum Beispiel für Orchestermitglieder oder sogar Fußball-Profis.


Zu einem echten Vorteil wird die eigene Organisation für einzelne Fachkräfte, wenn sie unersetzlich sind. Ohne Piloten kann kein Flieger in die Luft steigen, streiken die Ärzte, können Krankenhäuser dicht machen. Als 2007 die Lokführer streikten, ging bei der Bahn gar nichts mehr. Die unersetzliche Funktion verleiht den Kleingewerkschaften eine große Macht. Da Streiks für die Arbeitgeber teuer sind, müssen sie über kurz oder lang den Forderungen nachgeben. So erstreikten sich die Zugführer ebenso wie der Marburger Bund für die Ärzte zweistellige Gehaltsaufschläge.


Eigentlich soll in Deutschland ein anderes Prinzip gelten. Pro Betrieb gibt es grundsätzlich nur einen Tarifvertrag. So sollen die Kosten der Arbeitskämpfe in einem erträglichen Rahmen gehalten werden. Diese Tarifeinheit wird allerdings zunehmend ausgehebelt. Selbst das Bundesarbeitsgericht kündigte jüngst eine neue Rechtsprechung zur Tarifeinheit an. Die Arbeitgeber fürchten die Splitterparteien, weil den Betrieben im schlimmsten Fall andauernde Tarifkonflikte drohen. Auch die großen DGB-Gewerkschaften sehen die kleine Konkurrenz scheel an. Denn was sich die unverzichtbaren Fachleute an zusätzlichen Entgelten erkämpfen, müssen oft die weniger wichtigen Beschäftigten mit Verzicht finanzieren.




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