Kleine Kontrolle für Ratingfirmen

Opposition kritisiert Gesetz der Bundesregierung zur staatlichen Aufsicht über Ratingagenturen als zu lasch. Grüne: „Marktmacht der privaten Bewertungsfirmen wird nicht eingeschränkt“

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Von Hannes Koch

25. Feb. 2010 –

Ratingagenturen gehören zu den mächtigsten Akteuren im weltweiten Finanzgeschäft. Wenn sie gute Bewertungen geben, steigen die Preise von Aktien, Wertpapieren und Staatsanleihen. Senken die Agenturen jedoch den Daumen, fallen die Kurse. Das kann Unternehmen, aber auch Staaten wie aktuell Griechenland, in massive Schwierigkeiten bringen.


Weil die Regierungen der wichtigsten Wirtschaftsnationen (G20-Gruppe) in falschen Ratings für Wertpapiere eine Ursache der Finanzkrise sehen, will man die Ratingagenturen nun einer gewissen staatlichen Aufsicht unterstellen. Ihr entsprechendes Gesetz brachte die Bundesregierung am Donnerstag in den Bundestag ein, wo es die Opposition als zu wenig schlagkräftig kritisierte.


Es sind vor allem drei Rating-Firmen, die den internationalen Markt kontrollieren: Standard&Poor´s, Moody´s und Fitch. Ihre Zentralen sitzen in New York und London. Mit ihren Ratings geben sie den Investoren Anhaltspunkte, wie der Wert von Aktien und Staatsanleihen einzuschätzen ist. Obwohl die private Agenturen damit über eine ungeheure Macht verfügen und auch die Handlungsfähigkeiten von Regierungen beeinflussen, unterliegen sie bislang kaum einer öffentlichen Kontrolle.


Eben diesen Umstand kritisierte der finanzpolitische Sprecher der Grünen, Gerhard Schick. In seinen Augen sind mit dem Gesetz weder das „Problem der Marktmacht gelöst, noch die Fragen von Haftung und Entlohnung beantwortet“. Auch künftig müssten die Ratingfirmen für falsche Bewertungen nicht haften, und sie würden weiterhin von den Unternehmen bezahlt, über deren Schicksal sie entschieden, so Schick. Interessenkonflikte, die die Qualität der Bewertungen beeinträchtigen könnten, seien damit weiterhin programmiert.


Eine Lösung dieser Missstände ist seit der Finanzkrise verstärkt in der Diskussion, wird aber nicht umgesetzt. Am Donnerstag schlug SPD-Fraktionsvize Joachim Poß wieder einmal vor, eine „europäische Ratingagentur“ unter Beteiligung der Staaten oder zumindest unter stärkerer öffentlicher Aufsicht zu gründen. Diese könne ein Gegengewicht zu den angelsächsischen Bewertungsfirmen schaffen. Um keinen Streit mit der US-Regierung vom Zaune zu brechen, ist dieser Weg bislang nicht beschritten worden. Entsprechende Kritik ist auch aus Kreisen der deutschen Bankenaufsicht zu hören.


In seinem Gesetzentwurf regelt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nun, dass die Mitarbeiter der Bundesanstalt für Finanzdientleistungsaufsicht (BaFin) den Ratingagenturen Kontrollbesuche abstatten können. Außerdem müssen die Bewertungsfirmen den Aufsehern bestimmte Unterlagen zur Verfügung stellen, die Rückschlüsse auf ihre Geschäfte zulassen.


Das deutsche Gesetz setzt zudem eine Verordnung der Europäischen Union um. Darin werden die Agenturen verpflichtet, Interessenkonflikte zu vermeiden. Sie dürfen künftig die Unternehmen, deren Aktien sie bewerten, nicht mehr beraten. Und es wird ihnen verboten, Wertpapiere, die sie im Auftrag von Banken entwickelt haben, später selbst mit lobenden Ratings zu versehen.

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