Kleine Packung, großer Preis

Die Minipackungs-Offensive von Unilever könnte gerade arme Menschen teuer zu stehen kommen

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28. Aug. 2012 –

Weil der Absatz von Konsumgütern in vielen europäischen Ländern stockt, setzt Unilever nun auf Mini-Packungen. Der Konzern, dem Marken wie Knorr, Langnese oder Pfanni gehören, will „mehr günstigere Kleinpackungen statt nur teure Premium-Produkte“ anbieten. Verbraucherschützer begegnen der Mini-Packungsoffensive skeptisch.

 

Die Kleinstgrößen-Strategie begründete Unilever-Europa-Chef Jan Zijderveld mit der Krise in der EU und der wachsenden Armut. Wenn die Leute ärmer sind und weniger Geld für einen Einkauf ausgeben, müsste eben die Waschmittelpackung auch kleiner sein, so der Unilever-Chef in einem Interview mit der Financial Times Deutschland (FTD). „In Indonesien verkaufen wir Einzelpackungen Shampoo für zwei bis drei Cent und verdienen trotzdem ordentliches Geld“, sagte Zijderveld.

 

In Griechenland bietet Unilever inzwischen Kartoffelpüree und Mayonnaise in Mini-Packungen an. Produkte wie Tee oder Olivenöl werden unter einer griechischen Preiseinstiegsmarke verkauft. Doch was ist, wenn es dadurch für die Armen in Wahrheit teurer wird? Beobachtungen der Verbraucherzentrale Hamburg zufolge ist das durchaus möglich. Bei geringeren Füllmengen in Verpackungen ist genaues Hinschauen geboten, warnen die Verbraucherschützer.

 

„Unsere Untersuchungen zeigen, Füllmengenreduzierungen sind bisher fast immer mit versteckten Preiserhöhungen verbunden“, sagt Armin Valet, Ernährungsexperte der Verbraucherzentrale der Hansestadt. Das hänge zum einen damit zusammen, dass die Produktion von Kleinpackungen in der Regel kostenintensiver ist, zum anderen würden die Konzerne nicht freiwillig auf Erlöse verzichten.

 

„Gerade in Krisenzeiten lassen sich Verbraucher von einem geringen Packungspreis zum Kauf verleiten, ohne zu überprüfen, wie teuer die Ware tatsächlich ist“, so Valet. Vor allem Menschen mit einem begrenzten Budget für ihren Wocheneinkauf griffen nach den scheinbar günstigen Kleinpackungen, weil diese auf den ersten Blick das Portemonnaie weniger belasteten.

 

Verdeckte Preiserhöhungen haben Valet und seine Kollegen in der Vergangenheit in Deutschland immer wieder beobachtet – Anfang 2011 beispielsweise beim Flüssigwaschmittel Persil. So lag der Grundpreis für das Produkt um mehr als elf Prozent höher, weil die Füllmenge von 1,5 Liter auf 1,35 Liter bei gleichem Preis reduziert wurde. Bei den Süßigkeiten Mars Minis wurde die Füllmenge von 235 Gramm auf 221 Gramm verringert, was einer Preiserhöhung von gut sechs Prozent entspricht.

 

Hierzulande ist die Tendenz zu Kleinpackungen bisher noch nicht besonders ausgeprägt, beobachten die Hamburger Verbraucherschützer – und raten, die Preise stets genau zu vergleichen, Krise hin oder her. Ein Blick auf den Grundpreis auf dem Preisschild am Regal verrät, wie viel beispielsweise ein Liter Milch oder ein Kilogramm Kartoffeln tatsächlich kostet – und ob der 125-Gramm-Becher wirklich günstiger ist als die 250-Gramm-Packung. 

 

 

 

Krisenstrategien der Produzenten

 

Konsumgüterhersteller reagieren ganz unterschiedlich auf die Krise in Griechenland, Spanien, Italien und Portugal. Persil-Hersteller Henkel sieht beispielsweise noch keinen Grund, auf Minipackungen zu setzen wie es Unilever derzeit tut. „Gewaschen wird auch in der Krise“, sagte Konzernchef Kasper Rorsted der Süddeutschen Zeitung.

 

Seit einiger Zeit bietet das Unternehmen in den Ländern allerdings besonders günstige Verpackungen etwa für Flüssigwaschmittel - ohne Dosierkappe und komfortablem Ausguss an. Nivea-Hersteller Beiersdorf sieht laut Medienberichten derzeit keinen Grund, geänderte Packungsgrößen für süddeutsche Krisenländer auf den Markt zu bringen.

 

 

Die Mogelpackungsliste

 

Seit sieben Jahren pflegt die Verbraucherzentrale Hamburg eine Mogelpackungsliste, die Produkte mit versteckten Preiserhöhungen aufzählt. Aktuell finden sich darin mehr als 400 Produkte. Im Internet unter www.vzhh.de ist die Aufzählung zu finden.

 

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