Konkurrenz für Bezahldienste im Internet
Millionen Sparkassen-Kunden steht demnächst Paydirekt für den Online-Kauf zur Verfügung. Institute hoffen auf eine flächendeckende Alternative zu Paypal. Bisher nutzen nur wenige Verbraucher Bezahlverfahren im Internet
17. Feb. 2016 –
Bald ist es soweit: Dann haben Millionen Kunden der Sparkassen Zugang zum neuen Internet-Bezahlsystem. „Ab Ende April können alle Sparkassen in Deutschland an Paydirekt angebunden werden“, sagt Alexander von Schmettow vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband. Einkäufe via Computer oder Smartphone sind dann für viele Kunden einfacher als vorher. Die deutschen Banken wollen ein flächendeckendes, einheimisches Verfahren in der Konkurrenz zur US-Firma Paypal aufbauen.
Wie arbeitet Paydirekt? „Es ist eine zusätzliche Funktion für das Girokonto“, erklärt von Schmettow. Diesen Dienst kann man nutzen, um etwa im Internet eine Reise zu buchen, ein Rad zu kaufen oder Musik herunterzuladen. Wer das Bezahlverfahren verwenden möchte, muss sich nur einmal im Online-Banking seiner Sparkasse registrieren. Dann wählt man einen Benutzernamen und ein Passwort. Diese beiden Angaben sollen künftig ausreichen, um Überweisungen beim Kauf im Internet auszulösen.
Für die Privatkunden ist das Verfahren kostenlos, Händler müssen dagegen Gebühren entrichten. Wenn den Sparkassen das System Ende April zur Verfügung steht, wird es je nach Institut noch eine gewisse Zeit dauern, bis es die Kunden nutzen können. Bisher nehmen unter anderem die Deutsche Bank, Commerzbank, Postbank, Spardabank, sowie die Volks- und Raiffeisenbanken teil. Ob das neue Verfahren erfolgreich sein wird, hängt nicht zuletzt davon ab, ob es auch der Handel akzeptiert. Augenblicklich stellen erst wenige große Online-Shops eine Verbindung zu Paydirekt her.
Dieser neue Dienst könnte das ältere Verfahren Giropay, das viele Sparkassen und Volksbanken ebenfalls anbieten, auf die Dauer verdrängen, hofft mancher bei den Verbänden. Giropay gilt dort als nicht besonders erfolgreich. Zu wenige Kunden nutzten es. Ein Grund besteht möglicherweise darin, dass sich die Verbraucher beim Bezahlvorgang auf der Online-Banking-Seite ihrer Bank mit Konto- und PIN-Nummer einloggen müssen. Um die online bestellte Ware zu bezahlen, ist dann noch eine Transaktionsnummer (TAN) nötig. Das war vielen Leuten wohl zu kompliziert. „Die Variante mit Benutzernamen und Passwort bei Paydirekt ist komfortabler“, sagt Steffen Steudel vom Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken.
Mit der Benutzernamen-Passwort-Methode orientieren sich die deutschen Privatbanken, Volksbanken und Sparkassen nun an Paypal. Dieser Dienst, großgeworden mit der Handelsplattform Ebay, fungiert als Vermittler zwischen Geschäften und Banken. Damit das funktioniert, hinterlegen die Kunden ihre Konto- oder Kreditkartendaten vorher bei Paypal. Die jeweilige Transaktion läuft damit über drei Stationen: Online-Händler, Paypal, Bank. Für Paydirekt werben die Bankverbände dagegen mit der Ansage, dass es nur zwei Beteiligte gibt: Händler und Bank. Das kann man für vertrauenswürdiger und sicherer halten.
Ein weiterer Bewerber auf dem Markt der Online-Bezahldienste ist „Sofort Überweisung“ der schwedischen Firma Klarna. Dort müssen die Kunden die Zugangsdaten für ihr Online-Bankkonto – Kontonummer, PIN und TAN - direkt auf der Seite von „Sofort Überweisung“ eingeben. Dazu sagt Hermann Tenhagen vom Online-Verbrauchermagazin Finanztip: „Bei Sofortüberweisung muss man dem Anbieter die PIN- und TAN-Daten seines Bankkontos anvertrauen. Verbraucherschützer und Banken haben kritisiert, dass so sensible Daten preisgegeben werden. Missbrauchsfälle sind uns aber nicht bekannt.“
Neben diesen Varianten nutzen zahlreiche Verbraucher Kreditkarten für ihr Girokonto. Diese kann man ebenfalls beim Online-Kauf verwenden, besonders wenn es um Mietwagen oder Hotelbuchungen im Ausland geht. Ein Nachteil aus Verbrauchersicht mag darin bestehen, dass viele Daten einzugeben sind – Name des Besitzers, die 16-stellige Kartennummer, Gültigkeitsdauer, Prüfziffer.
Bislang ist Online-Bezahlen in Deutschland wenig verbreitet. Einer Umfrage der Bundesbank unter gut 2.000 Bundesbürgern zufolge bezahlten diese 2014 immerhin 53 Prozent der Umsätze mit Bargeld. Bei fast 30 Prozent kam eine Girocard (EC-Karte) zum Einsatz. Die modernen Bezahlmethoden hatten dagegen nur geringe Anteile: Kreditkarte 3,9 Prozent, Internetbezahlverfahren 2,8 Prozent, Tendenz allerdings zunehmend. Im Online-Segment lag Paypal mit weitem Abstand vorne, dann folgten „Sofort Überweisung“ und Giropay.
In diesen Zahlen drückt sich aus, dass die Bundesbürger den modernen Bezahlmethoden recht reserviert gegenüberstehen. Sie sind skeptischer als die Bevölkerung in manchen europäischen Nachbarländern. Ob die Banken und Sparkassen diese Vorbehalte mit Paydirekt überwinden können, wird sich zeigen. Manche Institutsvorstände sind jedoch optimistisch, etwa Deutsche Bank-Vorstand John Cryan. Beim Weltwirtschaftsforum in Davos im Januar 2016 prognostizierte er, dass Bargeld in den kommenden zehn Jahren größtenteils verschwinden werde.
Im Hintergrund steht die Überlegung der Banken, dass Bargeld Kosten verursacht, die man mit elektronischen Bezahlverfahren sparen kann. Tätigen mehr Bürger Transaktionen im Internet, müssen die Institute beispielsweise weniger Geldtransporter rollen lassen und können die Anzahl der Geldautomaten verringern. In der Politik spielt die Kriminalitätsbekämpfung eine Rolle. So hat das Bundesfinanzministerium kürzlich vorgeschlagen, Bargeldzahlungen auf 5.000 Euro zu begrenzen, um Geldwäsche zu erschweren. Die Ansage löste eine Welle der Kritik aus.
Info-Kasten
Vorsicht beim Online-Zahlen
Weil mehr Bundesbürger per Internet kaufen und zahlen, nehmen entsprechende Betrugsversuche zu. Datendiebe verschicken beispielsweise E-Mails, die Sendungen der Hausbank täuschend ähnlich sehen. Die Adressaten werden dann aufgefordert, ihre Zugangsdaten zum Online-Banking preiszugeben. Datenschützer und Geldinstitute raten deshalb dringend, die persönlichen Zugangsdaten geheim zu halten und diese nur auf den offiziellen Internetseiten der Banken oder Bezahldienste zu verwenden. Ein weiterer Rat: Keine E-Mail-Anhänge öffnen, die Schadprogramme enthalten können. Betrugsmails erkennt man beispielsweise daran, dass die Adressaten nicht mit Namen angesprochen werden.