Konsum gegen die Krise

SPD-Linke und Wirtschaftsforscher schlagen vor, an alle Bundesbürger Konsumgutscheine auszugeben, um die Rezession abzumildern

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Von Hannes Koch

03. Dez. 2008 –

Das gerade beschlossene Konjunkturprogramm gegen die Wirtschaftskrise dürfte nicht das letzte seiner Art sein. Schon sind die Parteien des Bundestages munter dabei, weitere Maßnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft zu debattieren. Nachdem der gewerkschaftsnahe Ökonom Gustav Adolf Horn unlängst vorschlug, Konsumgutscheine zu verteilen, greifen der SPD-Abgeordnete Karl Lauterbach und der Wirtschaftsweise Peter Bofinger diese Idee nun auf. Welche Vor- und Nachteile haben die unterschiedlichen Konzepte zur Bekämpfung der Krise?

 

Konsumgutscheine:

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach schlägt vor, dass die Finanzämter jedem erwachsenen Bundesbürger einen Gutschein über 500 Euro schicken. Um ihn im Geschäft einlösen zu können, müsste man zusätzlich 200 Euro eigenes Geld investieren. Empfänger von Hartz IV und ähnlichen Leistungen würden von der Zuzahlung befreit. Bundesbürger unter 18 Jahren erhielten einen Gutschein über 250 Euro. Weil die Gutscheine auf zwei Monate befristet sein sollen, müssten die Verbraucher sie schnell in die Geschäfte tragen. Daraus ergäbe sich ein zusätzlicher Nachfrageschub in Höhe von 30 bis 40 Milliarden Euro – ein bis zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts - im ersten Vierteljahr 2009. Mit den Gutscheinen will Lauterbach die Verbraucher zum Einkauf animieren. Ihre Nachfrage soll die Aufträge für Unternehmen ausgleichen, die im Zuge der Rezession nun wegbrechen.

 

Gutscheine für Geringverdiener:

Die Gutschein-Idee unterstützt ebenfalls Peter Bofinger, der als Wirtschaftsweiser die Regierung berät. Bofinger weist allerdings auch auf die Nachteile des Lauterbach-Konzepts hin. Warum sollen Leute, die 100.000 Euro pro Jahr verdienen, einen Konsumgutschein erhalten?, fragt Bofinger. Bofinger rät, die Gutscheine speziell den Bevölkerungsgruppen zu schicken, die wenig Geld haben. Sein Argument: Je geringer das Einkommen, desto eher wird zusätzliches Geld konsumiert.

 

Steuergutschriften:

Ein ähnliche Maßnahme, die die große Koalition unlängst erwog, könnte einen Nachteil der Konsumgutscheine vermeiden. Die Gutscheine, so hieß es, würden fatal an Lebensmittelkarten aus Kriegszeiten erinnern. Deshalb sei Steuergutschriften der Vorzug zu geben. Ähnlich dem Kindergeld oder der Eigenheimzulage würden die Finanzämter allen Steuerpflichtigen einen Betrag von mehrerern hundert Euro überweisen. Wer keine Steuern bezahlt, erhielte diesen Betrag als einmalige Erhöhung seiner Hartz-IV-Leistung. Der Nachteil dieser Variante bestünde wiederum darin, dass alle Bürger, auch die wohlhabenden, in den Genuss dieser Leistung kämen. Außerdem würden die Verbraucher einen Teil des zusätzlichen Geldes einfach auf den Konten lassen und nicht ausgeben.

 

Hartz IV:

Wohlfahrtsverbände, Linke und Grüne fordern seit langem, den Regelsatz des Arbeitslosengeldes II (349 Euro) zu erhöhen. Bessere Leistungen für Hartz-IV-Empfänger würden wie permanente Konsumgutscheine wirken. Fast jeder zusätzliche Euro würde die Nachfrage steigern und damit Jobs sichern.

 

Investitionen:

Ein wirksames Mittel zur Stabilisierung der Wirtschaft sind auch staatliche Investitionen. Wenn Bund, Länder und Gemeinden in die Sanierung von Schulen, die Ernergieeinsparung öffentlicher Gebäude und den Bau von Straßen investieren, kommen diese Aufträge der Wirtschaft direkt zugute. Arbeitsplätze werden erhalten, die Beschäftigten tragen ihren Lohn in die Geschäfte. Der Nachteil: Staatliche Investionen lassen sich nicht beliebig ausdehnen, denn in den Bauämtern liegt nur eine begrenzte Zahl baureifer Projektplanungen.

 

Mehrwertsteuer:

Eine Reduzierung der Mehrwertsteuer um zwei Prozent könnte die Preise senken und damit den Konsum stimulieren. Unklar ist allerdings, welchen Teil der Steuersenkung die Unternehmen an die Verbraucher weitergeben. Außerdem könnte es leicht zu einer Deflation kommen, in der die Preise allgemein sinken. Diese Entwicklung könnte das wirtschaftliche Wachstum vollends abwürgen.

 

Einkommenssteuer:

CDU und CSU wollen die Einkommenssteuer unter anderem für den Mittelstand senken. Allgemeine Steuersenkungen haben aber den Nachteil, dass die wohlhabenden und reichen Bürger das zusätzliche Geld teilweise nicht ausgeben, sondern sparen. Außerdem ist eine sinnvolle Steuerreform extrem kompliziert und braucht Monate, wenn nicht Jahre der Debatte. Die Wirkung einer solchen Maßnahme käme deshalb zu spät, um der beginnenden Rezession entgegenzuwirken.

 

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