Krankenkassen drohen mit Zusatzbeiträgen

Kassen beklagen steigende Ausgaben / Beiträge könnten auf breiter Front steigen

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Von Wolfgang Mulke

03. Dez. 2009 –

 

 

Die gesetzlichen Krankenkassen drohen mit Zusatzbeiträgen für viele der rund 70 Millionen Versicherten. „Ich gehe davon aus, dass wir im nächsten Jahr im großen Maße Zusatzbeträge bekommen“, sagt die Chefin des Spitzenverbands der Kassen, Doris Pfeiffer.

 

Nach bisherigen Schätzungen werden die Kassen im kommenden Jahr ein Defizit von über sieben Milliarden Euro ausweisen. Der Bund will nur die Hälfte des Verlustes durch einen Zuschuss ausgleichen. Auf dem Restminus bleiben die Krankenkassen sitzen. Das fehlende Geld holen sie sich dann bei den Mitgliedern. Nach Angaben des Sozialverband Deutschlands (VDK) ergibt sich pro Versichertem rechnerisch ein Zusatzbeitrag von sechs Euro im Monat. „Das ist eine schöne Bescherung vor Weihnachten“, kritisiert die VDK-Präsidentin Ulrike Mascher die düsteren Aussichten.

 

Allerdings ist die Warnung vor Beitragssteigerung wohl eher als Drohung an die Bundesregierung zu verstehen. Die großen Krankenkassen wollen ihre Beiträge so lange wie möglich stabil halten. „Es wird  zu Beginn des Jahres keinen Zusatzbeitrag geben“, versichert der Sprecher der Barmer Ersatzkasse (BEK), Athanasios Drougias. Noch verfüge die BEK über ein solides Finanzpolster. Auch die rund 24 Millionen Versicherten der AOK bleiben von Erhöhungen zunächst verschont. „Wie lange das möglich ist“, schränkt Sprecher Udo Barske jedoch ein, „kann niemand sagen.“

 

Die Krankenkassen sind über den Kurs der Koalition schwer verärgert. Denn von Einsparungen im Gesundheitswesen will schwarzgelb bisher nichts wissen. Die Ausgaben steigen immer weiter an und dadurch geraten die Kassen in die Miesen. „Es hat sich als Fehler erwiesen, das Füllhorn über Apothekern, Krankenhäusern, Ärzten und der Pharmaindustrie auszugießen“, schimpft Drougias. Die Koalition sei zerstritten, es fehle jede Planungssicherheit.

 

Zusatzbeiträge gibt es bislang noch bei keiner großen Kasse. Sie wurden mit dem Gesundheitsfonds eingeführt. In den Fonds zahlen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen bundeseinheitlichen Beitragssatz ein, der momentan bei zusammengenommen 14,9 Prozent des Bruttolohnes liegt. Die Sammelstelle verteilt das Geld auf die knapp 190 Krankenkassen. Kommt eine Kasse mit den Zahlungen nicht hin, darf sie Zusatzbeiträge erheben. Das wurde bisher vermieden, damit die Versicherten nicht davon laufen. 2010 könnte die Extrazahlung jedoch notwendig werden.

 

Der Bund übernimmt zwar einen Teil des Defizits. Doch landet der Zuschuss nicht automatisch bei besonders klammen Kassen, sondern im Gesundheitsfonds und wird von dort gleichmäßig auf gute und schlecht wirtschaftende Institutionen verteilt. Damit dürfte sich die Lage der finanziell schwachen Krankenkassen noch weiter verschlechtern, von denen weitere aufgeben müssen. „Die Fusionswelle wird weiter rollen“, prognostiziert deshalb der KKV-Spitzenverband.

 

 

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