Kriminelle im Internet auf dem Vormarsch

Es wird wieder verstärkt nach Bankdaten gefischt. BKA geht von großer Dunkelziffer aus. Die Wirtschaft ziert sich noch mit Anzeigen.

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Von Wolfgang Mulke

27. Aug. 2014 –

Kriminelle erobern das Internet immer weiter. Allein im vergangenen Jahr meldeten Betroffene der Polizei über 64.000 Delikte. Innerhalb von fünf Jahren erhöhte sich die Zahl damit um 22 Prozent, wie das Bundeskriminalamt (BKA) in seiner neuesten Statistik errechnet hat. Die Täter werden nur selten erwischt. „75 Prozent der Cyberkriminalfälle konnten nicht aufgeklärt werden“, räumt BKA-Chef Jörg Ziercke ein.

 

Die Täter reagieren zeitverzögert aber intelligent auf neue Schutzeinrichtungen. So ist das so genannte Phishing, bei dem zum Beispiel Zugangsdaten zum Online-Banking ausgespäht werden, nach einem Jahr der Ruhe 2012 wieder auf dem Vormarsch. Damals hatten die Banken die Sicherheit der Transaktionen durch die Einführung des mTan-Verfahrens erhöht. Laut BKA haben die Täter mittlerweile neue Schadsoftware entwickelt und ihre Vorgehensweise verändert und könne n die höheren Hürden nun umgehen. Fast 4.100 Fälle wurden 2013 gemeldet. Der durchschnittliche Schaden lag bei 4.000 Euro. Das ergibt einen Gesamtschaden von über 16 Millionen Euro.

 

Die offiziellen Zahlen geben die Entwicklung der Netzkriminalität nur bedingt wieder. Die Behörden haben in Umfragen eine hohe Dunkelziffer ermittelt. Auf ein angezeigtes Delikt kommen danach elf, bei denen die Betroffenen den Schaden hinnehmen oder Ausspähungsversuche nicht melden. Mit der immer weiteren Verbreitung von Handys mit Netzzugang geraten diese Geräte verstärkt in den Fokus der Täter. „Das Smartphone wird zunehmend zum Angriffsziel“, berichtet Ziercke. Da sie ständig online sind, ergeben sich für Täter neue Möglichkeiten.

 

Den größten Zuwachs bei Delikten verzeichneten die Fahnder im vergangenen Jahr mit einem Plus von 18 Prozent bei der Sabotage von Computern. 12.800 Anzeigen registrierte die Polizei. Zugenommen hat auch die digitale Erpressung, die jeden Nutzer treffen kann. Dabei setzen die Täter eine bestimmte Software ein, mit der ein fremder Computer infiziert wird. Auf dem Bildschirm erscheint beispielsweise ein gefälschter Hinweis des BKA, demzufolge der betreffende Computer wegen krimineller Handlungen gesperrt sei. Gegen eine Zahlung von 100 Euro kann sich der Betroffene dann von der Sperrung befreien. Das Geld landet über anonyme Wege als Beute bei den Tätern, die nach BKA-Erkenntnissen meist im Ausland sitzen.

 

Die Ermittlungen der Behörden verlaufen überwiegend im Sande. Das liegt unter anderem daran, dass sich Kriminelle eines bestens abgeschotteten Teils des Internets bedienen, in denen die Herkunft von Mails oder Schadsoftware systematisch verschleiert wird. Auf dieses Weise verwischen auch Drogen- oder Waffenhändler ihre Spuren. Dabei können die Online-Plattformen, die diese Dienste anbieten, ehrliche Nutzer vor einer Ausspähung ihrer Kommunikation durch Behörden, Staaten oder Kriminelle schützen. Die Technik dient also den Guten wie den Bösen.

 

Die Dunkelziffer ist bei Delikten gegen Unternehmen besonders hoch. Denn viele Firmen scheuen sich vor einer Anzeige aus Angst, dass sie das Vertrauen ihrer Kunden verlieren könnten. Die geplante Meldepflicht begrüßt das BKA daher. Dabei ist die Wirtschaft nicht untätig. So haben sich die Commerzbank, die ING Diba und die Hypovereinsbank in einer Arbeitsgruppe zusammengetan. Deren Experten sollen neue Tricks zum Betrug rund um das Banking schneller aufdecken. Kunden können dann schneller gewarnt und die Täter mit einer größeren Wahrscheinlichkeit ermittelt werden.

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