Kritiker des Steuerabkommens feiern CD-Kauf

Vier weitere CDs mit illegal beschafften Schweizer Kontodaten sind angeblich in den Händen deutscher Steuerfahnder

Teilen!

Von Hannes Koch

10. Aug. 2012 –

Angesichts des erneuten Ankaufs von Schweizer Bankdaten durch deutsche Steuerfahnder verschärfen die Gegner des Steuerabkommens in Deutschland den Ton. Der Kauf sei „viel wirksamer als ein lausig ausgehandeltes Steuerabkommen“, erklärte der Vize der SPD-Bundestagsfraktion, Joachim Poß.

Offenbar haben Finanzämter im Bundesland Nordrhein-Westfalen vier weitere CDs mit illegal beschafften Kontoinformationen erworben. Der Finanzminister des Bundeslandes, Norbert Walter-Borjans (SPD), ließ den Kauf nicht dementieren. Medienberichten zufolge sollen die vier Datenträger Angaben über unversteuerte Vermögen deutscher Staatsbürger unter anderem beim Bankhaus Coutts enthalten. Außerdem gebe es Schulungsmaterial der UBS, anhand dessen der Bank Beihilfe zur Steuerhinterziehung nachgewiesen werden könne.

Die UBS erklärte: „Wir sind uns nicht bewusst, dass wir Opfer eines Datendiebstahls geworden wären“. Der Sprecher des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen (SIF), Mario Tuor, wollte die Berichte weder kommentieren noch bestätigen.

Der Ankauf der CDs gehe „völlig in Ordnung“, sagte dagegen ein Sprecher des Finanzminister von Rheinland-Pfalz, Carsten Kühl. Dieser koordiniert die Finanzpolitik der sozialdemokratisch regierten Bundesländer, die das Abkommen zwischen der Schweiz und Deutschland in der vorliegenden Form ablehnen. Der Sprecher wies allerdings die Annahme zurück, die SPD-Länder wollten das Abkommen nur verzögern, um vorher noch möglichst viele Steuerflüchtlinge zu erwischen.

Vertreter der Regierungskoalition aus Union und FDP kritisierten den CD-Kauf. „Bei der Bekämpfung von Unrecht darf der Staat nicht selbst zum Rechtsbrecher werden“, sagte FDP-Generalsekretär Patrick Döring.

Zwischen der Bundesregierung, die das Abkommen bereits unterschrieben hat, und der SPD laufen nach wie vor Gespräche. Aber die Kritiker haben die Latte hochgelegt. Sie verlangen Änderungen in zentralen Punkten. So will SPD-Politiker Kühl die Zahl der Anfragen erhöhen, die deutsche Finanzämter bei Schweizer Banken stellen dürfen, die Anonymität der Konten zu Fall bringen und die Steuersätze anheben.

„Ohne substanzielle Änderungen geht es nicht“, sagte SPD-Fraktionsvize Poß gegenüber dem Tages-Anzeiger. „Wenn das Abkommen scheitert, bleibt der Druck auf die Schweiz trotzdem erhalten. Wir müssen zu einem System mit automatischem Informationsaustausch in ganz Europa kommen.“

Die deutschen Versuche, das Steuerabkommen abermals zu ändern, wies das SIF allerdings zurück: „Aus rechtlichen, aber auch politischen Gründen kann das Abkommen nicht neu verhandelt werden. Die Alternative ist der Status Quo.“

Das bedeutet nach den Worten der Schweizer Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf, dass die Eidgenossenschaft nur in begründeten Fällen Amtshilfe leistet. „Damit hat es sich. Es wird bei ein paar Dutzend Fällen pro Jahr bleiben“, sagte Widmer-Schlumpf am Wochenende der Zeitung „Landbote“.

Die deutschen Kritiker glauben hingegen, die internationale Entwicklung sei auf ihrer Seite. So verhandeln unter anderem die USA, Deutschland und Großbritannien über ein Steuerabkommen mit automatischem Austausch. Außerdem bringt der Ankauf von Bankdaten den deutschen Finanzämtern Milliarden Euro Einnahmen. Aus Angst vor Strafverfolgung haben sich mittlerweile rund 40.000 Personen selbst angezeigt.

Der oberste Steuerfahnder des Landes Rheinland-Pfalz, Klaus Herrmann, warnt in der aktuellen Ausgabe des Magazins Spiegel vor den Folgen des Abkommens. Er schätzt, dass die deutschen Einnahmen aufgrund des Abkommens nur eine Milliarde Euro betragen könnten, nicht zehn Milliarden, wie Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hofft.

Vor diesem Hintergrund blockieren die SPD-Länder das Abkommen im Bundesrat, der deutschen Länderkammer. Absehbar ist, dass dieser den Vertrag bei seiner Sitzung am 23. November ablehnt, während der Bundestag ihm bis dahin zugestimmt haben dürfte. Dann folgt möglicherweise ein monatelanges Vermittlungsverfahren zwischen beiden Institutionen. Führt dieses nicht zum Erfolg, wäre das Steuerabkommen tot.

Währenddessen liegt das Rechtshilfeersuchen auf Eis, dass die Schweiz an die deutsche Justiz gerichtet hat. Ende März diesen Jahres ergingen Haftbefehle gegen drei deutsche Steuerfahnder, die illegal Kontodaten beschafft haben sollen. Über die Antwort auf das Ersuchen mitentscheiden muss das deutsche Bundesamt für Justiz. Die Prüfung sei im Gange, heißt es dort. Ein Ende ist nicht abzusehen.

« Zurück | Nachrichten »