Kunden werden beim Dispo geschröpft

Studie des Verbraucherministeriums belegt übermäßige Kosten für Kontoüberziehung

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Von Wolfgang Mulke

19. Jul. 2012 –

Viele Kreditinstitute knöpfen ihren Kunden beim Überziehungskredit höhere Zinsen ab als nötig. Zu diesem Ergebnis kommt eine umfangreiche Studie im Auftrag des Bundesverbraucherministeriums. So profitierten Banken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken von den sinkenden Leitzinsen. „Die Dispozinsen sind nicht in gleichem Maße gefallen“, stellen die Gutachter fest.


Verbraucherschützer klagen schon lange über teils sehr hohe Zinsen für Überziehungen oder geduldete Überschreitungen des Kontolimits. Laut Studie bewegt sich der Rahmen zwischen etwa sechs Prozent für den eingeräumte Dispo bis zu nahezu 20 Prozent für eine geduldete Überziehung. Durchschnittlich berechnen die Unternehmen 10,27 Prozent. Sparkassen oder Banken könnten laut Studie mit einem Zinssatz von rund zehn Prozent profitabel arbeiten.


Die Gutachter vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) und dem Institut für Finanzdienstleistungen sehen keine glaubwürdige Begründung für eine große Abweichung nach oben. Die höheren Kosten sind demnach nicht durch höhere Ausfallquoten gerechtfertigt. Die Institute müssen nur 0,2 Prozent der Dispokredite abschreiben, weil der Kunde nicht mehr zahlungsfähig ist. Bei normalen Ratenkrediten liegt die Verlustquote bei 2,5 Prozent. Auch sei der Bearbeitungs- und Verwaltungsaufwand in den letzten Jahren nicht gestiegen. „Es liegt also nahe, dass die Erträge aus dem Dispokreditgeschäft zur Quersubventionierung anderer Leistungen oder zur Gewinnsteigerung verwendet werden“, schließen die Gutachter.


Kontoüberziehungen sind weit verbreitet. Vier von fünf Kontoinhaber dürfen sich über das Girokonto von ihrem Institut Geld leihen. 29 Prozent der Kunden nehmen das Angebot auch an. Zusammengenommen stehen die Verbraucher bei den Banken mit 41 Milliarden Euro in der Kreide. Auf jeden Bundesbürger entfallen rechnerisch 500 Euro Dispokredit. In der Regel können die Kunden auf einen Kreditrahmen von zwei bis drei Nettoeinkommen verfügen. Armen Haushalten wird der Zugang zum Dispo allerdings häufig verwehrt.


Die Meinungen über die richtigen Schlussfolgerungen aus dem Gutachten gehen weit auseinander. Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) fordert von den Instituten „faire Konditionen, volle Transparenz und gute Beratung.“ Transparenz sei das effektivste Mittel, um vernünftige Preise durchzusetzen. Die Minister verweist auf die Erfahrungen mit den Gebühren beim Abheben von fremden Geldautomaten. Die Preise dort sind kräftig gefallen, seitdem sie für den Kunden klar erkennbar angezeigt werden müssen.


Dagegen fordert der baden-württembergische Verbraucherminister Alexander Bonde (Grüne) ein Gesetz gegen zu hohe Preise. „Wir brauchen eine gesetzliche Obergrenze für Dispo-Zinsen“, sagt Bonde. Die Grenze soll sich an den Leitzinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) orientieren. Die Gutachter halten eine Begrenzung der Dispozinsen für rechtlich machbar. Sie erwarten allerdings, dass dann die Kosten für andere Bankleistungen wie die Kontoführungsgebühren steigen.

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