Länderkammer beschließt Mindestlohn von 8,50 Euro
Gesetz kommt aber vorerst nicht. Union und FDP im Bundestag sind dagegen
01. Mär. 2013 –
Eine einheitliche Lohnuntergrenze von mindestens 8,50 Euro – das hat am Freitag der Bundesrat beschlossen. Wird daraus irgendwann ein Gesetz, dürfte kein Beschäftigter in Deutschland weniger verdienen. So wollen es acht Bundesländer, in denen die SPD mitregiert, darunter auch das Saarland mit seiner Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU).
Über die Löhne der Beschäftigten verhandeln in Deutschland eigentlich die Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände. Weil die traditionellen Sozialpartner aber in zahlreichen Branchen Einfluss und Mitglieder verlieren, zahlen viele Firmen inzwischen Verdienste von fünf Euro brutto pro Stunde oder weniger, von denen die Beschäftigten kaum leben können. Deshalb hat die Bundesregierung aus Union und FDP in den vergangenen Jahren bereits politisch fixierte Mindestlöhne für knapp vier Millionen Arbeitnehmer durchgesetzt, darunter die Branche der Zeitarbeit und der Gebäudereiniger.
Das reicht SPD, Grünen und Linken jedoch nicht. Um Niedriglöhne beispielsweise im Einzelhandel und in Callcentern zu verhindern, befürworten sie einen einheitlichen, gesetzlichen Mindestlohn für ganz Deutschland. Solange SPD und Grüne nicht die Bundesregierung stellen, dürfte daraus aber kein Gesetz werden. Denn besonders die FDP im Bundestag lehnt den starren Mindestlohn für alle ab. Sie plädiert für „ausdifferenzierte Lösungen nach Branchen und Regionen“, sagte FDP-Vizefraktionschef Heinrich Kolb, „nur so ist sichergestellt, dass Mindestlöhne keine Arbeitsplätze kosten.“
Weil die Christlich Demokratische Arbeitnehmerschaft (CDA), der Sozialflügel der CDU, seit Jahren Druck macht, neigt die Union dagegen schon mehr in Richtung einer einheitlichen Lohnuntergrenze. Im Bundestag am Freitag sagte Arbeitsministerin Ursula von der Leyen: „Es ist so, dass ein Mindestlohn meines Erachtens notwendig ist.“ Aber auch dort ist die Lage nicht klar: Der CDU-Wirtschaftsrat warnt weiterhin vor einem „Job-Desaster“.
Beispiele für Branchen, in denen zusätzliche Mindestlöhne Verbesserungen brächten, sind der Einzelhandel und die Callcenter. Für die Geschäfte, Supermärkte und Discountfilialen des Einzelhandels existieren zwar regionale Tarifverträge, die die Gewerkschaft Ver.di mit dem Handelsverband Deutschland (HDE) abgeschlossen hat. Auch Lohnuntergrenzen haben die Tarifpartner vereinbart – in Schleswig-Holstein beispielsweise 7,50 Euro, in Baden-Württemberg 9,26 Euro pro Stunde. Doch diese Untergrenzen sind nicht allgemeinverbindlich: Unternehmen, die nicht Mitglied im HDE sind, müssen sie nicht einhalten. Bei Discountern und Supermärkten arbeiten beispielsweise heute viele Beschäftigte, die Regale ein und ausräumen - im Auftrag externer Firmen. Diese zahlen nicht selten weniger als sechs Euro brutto pro Stunde.
Ein weiteres Beispiel bilden die Callcenter, die für viele Unternehmen die Anrufe von Kunden abwickeln. Ein flächendeckender, allgemeinverbindlicher Tarifvertrag existiert hier ebenfalls nicht. Wie die Beschäftigten vieler großer Anbieter der Branche genießen auch die Arbeitnehmer der Bertelsmann-Tochter Arvato keinen tarifvertraglichen Schutz. Dementsprechend liegen die untersten Löhne dort zwischen sieben und 7,50 Euro. Arvato stehe der Einführung eines Mindestlohns durch die Politik aber offen gegenüber, wenn er für alle Anbieter gleiche Bedingungen schaffe, sagte ein Sprecher des Unternehmens.