Langsam gehen die Klempner aus

Trotz leichten Zugangs kommen noch wenige Ausländer nach Deutschland / Vor allem für Facharbeiter bleiben Hürden

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Von Wolfgang Mulke

04. Feb. 2013 –

Obwohl Deutschland die Hürden für die Zuwanderung von Fachleuten weitgehend abgebaut hat, kommen nur wenige gut ausgebildete Arbeitskräfte ins Land. Dennoch lobt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) den erleichterten Zugang zum hiesigen Arbeitsmarkt. „Das Zuwanderungssystem in Deutschland ist eines der offensten in der OECD“, sagt der Generalsekretär der Organisation, Yves Leterme. Doch die außerhalb der EU oft fehlenden Informationen über die Bestimmungen sowie fehlende Deutschkenntnisse verhindern einen größeren Erfolg bei der Anwerbung von Fachkräfte. 25.000 Arbeitskräfte kommen derzeit im Jahr aus aller Welt. Das sind gerade einmal 0,02 Prozent der Bevölkerung. Kanada, Großbritannien oder Dänemerk begrüßen laut OECD bis zu zehn Mal so viel.


Dabei ist es für Akademiker so leicht wie noch nie, sich zwischen Flensburg und Passau niederzulassen. Es geht nicht mehr so bürokratisch zu wie früher. Zum Beispiel werden Abschlüsse schneller anerkannt. Auch die Mindestgehälter sind abgesenkt worden. Zuwanderer müssen wenigstens 46.000 Euro im Jahr verdienen, in Mangelberufen liegt die Grenze 36.000 Euro. Das Verfahren ist verkürzt worden und kostengünstig. Doch die Offenheit wird anderswo nicht wahrgenommen, weil Zuwanderung zumindest auf dem Papier noch als Ausnahme bezeichnet wird. Leterme plädiert dafür, die Einreise zum Arbeiten stattdessen grundsätzlich zu erlauben.


Aber es hakt auch an anderen Stellen noch. Einer Unternehmensumfrage zufolge reichen die Deutschkenntnisse der potenziellen Bewerber oft nicht aus. Die OECD fordert deshalb mehr Deutschunterricht in den Heimatländer der Kandidaten und auch die Vermittlung von berufsspezifischen Sprachkenntnissen. Diesen Vorschlag will Arbeitsministerin Ursula von der Leyen aufgreifen.


Und es gibt ein weiteres Problem. Während der deutsche Arbeitsmarkt Akademikern aus aller Welt offen steht, ist er für Facharbeiter mit einfacher Berufsausbildung weiterhin nahezu verschlossen. Dabei gehen auch in den Berufen mit geringeren Bildungsabschlüssen langsam die Fachleute aus. Das geht aus einer Analyse der Bundesagentur für Arbeit hervor. Es fehlen neben Krankenschwestern und Altenpflegern mittlerweile auch Lokführer, Klempner oder Sanitärfacharbeiter.


Die OECD warnt vor den Folgen einer nicht ausreichenden Zuwanderung. Schon 2020 werden 40 Prozent mehr Erwerbstätige aus dem Berufsleben austreten als einsteigen. So schlecht sieht es in keinem anderen Industrieland aus. „Der Wohlstand in Deutschland wird in Zukunft wesentlich davon abhängen, trotz einer alternden Gesellschaft innovationsfähig zu bleiben“, sagt Leterme.


Die Bundesregierung will die Regeln für Zuwanderer weiter lockern. Ministerin von der Leyen kündigt einen entsprechenden Kabinettsbeschluss noch in diesem Februar an. Damit soll zum 1. Juli die Beschäftigungsverordnung verändert werden. Künftig wird es eine Positivliste mit den Berufskenntnissen geben, die in Deutschland besonders gefragt sind.


Immerhin läuft die Zuwanderung aus anderen EU-Ländern auf Hochtouren. Es sind aber zahlenmäßig weniger Spanier, Griechen, Italiener oder Portugiesen, die vor der Krise im Heimatland nach Deutschland flüchten, als vielmehr Mittel- und Osteuropäer. Allen voran suchen sich Polen in Deutschland eine neue berufliche Existenz. Über 90.000 Arbeitskräfte aus dem Nachbarland kamen allein im ersten Halbjahr 2012. Im gleichen Zeitraum suchen weniger als 15.000 Fachleute aus Spanien hierzulande eine neue Perspektive.

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