Langsame Erholung in Europa

Weltwirtschaftsforum Davos 2014: Erleichterung angesichts der Erholung Europas von der Krise, Skepsis wegen der hohen Arbeitslosigkeit

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Von Hannes Koch

22. Jan. 2014 –

Deutlich mehr Zuversicht als im vergangenen Jahr herrschte am ersten Tag des diesjährigen Weltwirtschaftsforums von Davos. Kommt Europa zurück?, lautete der Titel einer der Auftaktveranstaltungen. Die Diskussionsrunde unter anderem mit Ex-Bundesbankchef Axel Weber war sich einig, dass die Antwort „Ja“ lautet – mit Einschränkungen.

 

Zuerst die gute Nachricht: „Europa ist viel stabiler als vor einem Jahr“, sagte US-Ökonom Kenneth Rogoff von der Harvard-Universität. Kaum einer der rund 200 Zuhörer im Saal des Kongresszentrums stellte dies in Frage. Rogoff: „Darüber, dass der Euro auseinanderbrechen könnte, wird kaum noch geredet.“

 

„Es geht aufwärts“, erklärte auch Weber, nun Verwaltungsratschef der Schweizer Bank UBS. Er gab jedoch zu bedenken, dass Europa dieses Jahr erneute Verunsicherung von zwei Seiten drohen könnte. Einerseits befürchtete Weber, dass die Euro-skeptischen Parteien bei den Wahlen zum Europa-Parlament mehr Stimmen erhalten als früher und in der Folge notwendige Integrationsschritte zu gemeinsamer europäischer Wirtschafts- und Finanzpolitik noch schwieriger werden könnten.

 

Andererseits warnte der Ex-Bundesbanker vor den Ergebnissen des Banken-Stresstestes im November 2014. Weil vermutlich einige Finanzinstitute diese Prüfung nicht bestünden, so Weber, würden sich wieder die leidigen Fragen nach der Finanzkraft der Banken und der Staaten stellen. In der Konsequenz könnten auch wieder die Refinanzierungskosten der Staaten steigen.

 

Vor allem aber diskutierten die Herren über das sichtbarste Langzeit-Phänomen der latenten europäischen Krise: die hohe Arbeitslosigkeit, die in Spanien beispielsweise bei 25 Prozent liegt, unter jungen Leuten sogar bei 50 Prozent. Rogoff brachte das Problem auf diesen Punkt: „Trotz seiner alternden Gesellschaft leistet sich Europa den teilweisen Verlust einer jungen Generation.“

 

Hier wurde die Verbindung deutlich zu einem weiteren Problem, das nicht wenige der 2.500 Teilnehmer des Weltwirtschaftsforums umtreibt: die zunehmende und in vielen Staaten auftretende soziale Spaltung zwischen Arm und Reich. Auf Europa gemünzt, erwuchs daraus die Frage: Wie kann die Anti-Krisen-Politik in Europa inklusiver werden? Wie können wieder mehr Menschen Zugang zu Arbeitsplätzen und damit ausreichendem Lebensstandard erhalten?

 

Martin Sorrell, Chef der britischen Werbeholding WPP, formulierte es so: „Die Flexibilisierung der Arbeitsmärkte ist der kritische Punkt“. Was er nicht sagte, aber meinte: Wenn die Arbeitslöhne nicht zu sehr durch Tarifverträge festgelegt seien, der Kündigungsschutz gelockert werde und mehr befristete Jobs möglich würden, könnten die Unternehmen zusätzliche Beschäftigte einstellen. Nicht nur Sorrell empfahl anderen europäischen Staaten deshalb Deutschland als Vorbild, besonders die Arbeitsmarktreformen der Schröder-Ära.

 

Aber Europa müsse auch insgesamt „konkurrenzfähiger“ werden, fügte Pierre Nanterme hinzu, der Chef der Unternehmensberatung Accenture. Diese Mahnung richtete er weniger an die Unternehmen, sondern an die Politik. Ein Mittel, mehr Produktinnovationen und Wirtschaftswachstum zu erreichen, seien höhere Investitionen der Regierungen in Infrastruktur, Bildung, Forschung und Entwicklung.

 

Zudem formulierte der französische Berater Zweifel an der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank. Deren Fokussierung auf die Inflationsbekämpfung lasse zu wenig Spielraum für die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Die US-Notenbank unterliege dieser Beschränkung dagegen nicht, so Nanterme. Für ihn war auch deshalb klar: „Die USA ist bereits zurückgekommen.“ Dort stiegen Wachstum, Produktivität und Zahl der Arbeitsplätze wieder – im Gegensatz zu Europa.

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