Lebensmittelindustrie beklagt Preisverfall

Bauern wollen keinen Fleischverzicht / Die Grüne Woche steht im Zeichen des Klimaschutzes

Teilen!

Von Wolfgang Mulke

13. Jan. 2010 –

 

 

Zwölf Mal senkten die großen Lebensmittelhändler im vergangenen Jahr die Preise. Jede Runde trieb Jürgen Abraham, Chef der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) eine Sorgenfalte mehr auf die Stirn. Denn der Wettbewerb im Handel geht auf Kosten der knapp 6.000 Lebensmittelhersteller in Deutschland. 2009 gingen die Umsätze der Branche deshalb um 6,5 Milliarden Euro auf knapp 150 Milliarden Euro zurück. „Die Menge ist gleich geblieben“, sagt Abraham.

 

Die Verbraucher haben also nicht weniger, aber billiger eingekauft. Mittlerweile ist laut BVE die Schmerzgrenze erreicht. Der Verband will durch Gespräche mit den führenden Filialisten den Preiskampf stoppen. Sonst, so befürchtet Abraham, könne der wirtschaftliche Druck auf die Industrie zu Lasten der Qualität gehen. Der Präsident des Deutschen Bauernverbands (DBV), Gerd Sonnleitner, verwies auf den sinkenden Anteil der Nahrungsmittel an den privaten Ausgaben. „Ein Haushalt muss nur noch elf Prozent seines Einkommens für Lebensmittel ausgeben“, sagte der DBV-Chef. An den Erfolgsaussichten für dieses Vorhaben darf gezweifelt werden, denn die fünf großen Supermarktketten kommen auf einen Marktanteil von 70 Prozent und liefern sich einen scharfen Wettbewerb.

 

Kurz vor Beginn der 75. Internationalen Grünen Woche (IGW) in Berlin an diesem Donnerstag ist die Stimmung bei den Landwirten wie in der Industrie durchwachsen. Das große Thema der Jubiläumsmesse ist der Klimaschutz in der Landwirtschaft. Am Wochenende treffen sich in Berlin 56 Landwirtschaftsminister aus aller Welt, um die Folgen der Erderwärmung für die Landwirtschaft zu debattieren. Die Meinungen über den Beitrag Beitrag der Bauern zum Klimaschutz gehen weit auseinander. Während Verbraucherorganisationen und die Grünen auf einen sparsamen Genuss von Fleischprodukten drängen, weil bei der Tierzucht gewaltige Mengen Treibhausgase entstehen, will der DBV davon nichts wisse. „Verzichtsempfehlungen sind der fasche Weg, das Weltklima zu retten“, sagte Sonnleitner und kritisierte Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU), die kürzlich auf den Zusammenhang zwischen der Tierproduktion und dem Klimaproblem herstellte. Aigner selbst sieht allerdings keinen Grund, die tägliche Fleischration grundsätzlich in Frage zu stellen. Auch die FDP will der Landwirtschaft keine verbindlichen Klimaziele auferlegen.

 

Am Rande der Grünen Woche wird auch die für 2013 geplante Agrarreform der EU eine gewichtige Rolle spielen. Die neuen Regeln sollen in diesem Jahr festgelegt werden. Der Bauernverband kündigt harte Verhandlungen an. „Die gesellschaftlichen Leistungen unserer Bauern müssen entsprechend honoriert werden“, verlangt Sonnleitner schon einmal.

 

Die Grüne Woche ist mittlerweile zum weltweit größten agrarpolitischen Forum herangewachsen. Rund 300 Tagungen finden in den kommenden zehn Tagen statt. Darüber hinaus will die Ernährungsmesse ihren Stellenwert bei den Konsumenten untermauern. Über 400.000 Besucher werden in den Messehallen erwartet, jeder vierte ist vom Fach. Mit rund 1.600 Ausstellern aus 56 Ländern konnten die Veranstalter das Vorjahresniveau nicht ganz erreichen.

---------------------------------

Kasten:

 

Die 75. Internationale Grüne Woche findet vom 15. bis 24. Januar in den Messehallen unter dem Berliner Funkturm statt. Gastland zur Jubiläumsausgabe ist Ungarn. Geöffnet wird täglich von 10.00 Uhr bis 18.00 Uhr, an den Wochenenden bis 20.00 Uhr. Die Tageskarte kostet zwölf Euro. Veranstalter sind der Deutsche Bauernverband und die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie.

 

« Zurück | Nachrichten »