Lebensversicherung für neue Autobahnen

Das Bundesverkehrsministerium will Straßen von Versicherungen und Pensionsfonds finanzieren lassen. Eine erste Projektliste steht bereits.

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Von Wolfgang Mulke

06. Jan. 2015 –

Die Bundesregierung will den Ausbau oder Neubau von Autobahnen mit Hilfe von Großanlegern am Kapitalmarkt finanzieren. Staus und durch den Stau verursachte volkswirtschaftliche Schäden will Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) auf diese Weise verringern. So könnten zum Beispiel Lebensversicherungen oder Pensionsfonds ihr von Millionen Sparern oder Beschäftigten eingesammeltes Kapital in das Schnellstraßennetz stecken. Im Gegenzug erhalten die Anleger dafür einen Anteil an den Einnahmen aus der LKW-Maut. Das Ministerium bestätigt entsprechende Pläne nun.

 

Auf einer ersten Projektliste finden sich fünf Strecken, die auf eine Umsetzung dieses Modells hin geprüft werden. In Nordrhein-Westfalen ist der Ausbau der 31 Kilometer langen Strecke von Köln nach Moers im Gespräch, der mit rund 400 Millionen Euro zu Buche schlägt. In Baden-Württemberg könnte Privatkapital in den Ausbau der A6 zwischen Weinsberg und Crailsheim fließen. Dieses Vorhaben wird auf 750 Millionen Euro beziffert. Dazu kommen in Bayern die A3 zwischen Biebelried und Fürth für 920 Millionen Euro, in Brandenburg die Erneuerung der Autobahn von Neuruppin bis Pankow und das mit 1,2 Milliarden Euro teuerste Projekt, die A26 in Niedersachsen. Weitere Abschnitte ergänzen die Liste demnächst.

 

Im Ministerium ist von einer „neuen Generation“ von öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP) die Rede. Erstmals sollen so genannte institutionelle Anleger zur Finanzierung herangezogen werden. Ihre Vergütung richtet sich einerseits nach dem LKW-Aufkommen auf den jeweiligen Streckenabschnitten. Sie erhalten einen Teil der Mauteinnahmen, die von den Speditionen entrichtet werden. Außerdem orientieren sich die Erträge an der Verfügbarkeit der Autobahn. Müssen beispielsweise Spuren wegen Bauarbeiten gesperrt werden, gibt es weniger Geld.

 

Die privaten Investoren sind interessiert. „Die Versicherer sind bereit, ihre Investitionen in Infrastruktur auszuweiten“, sagt der Chef des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Alexander Erdland. Allerdings sieht die Branche noch Hindernisse in den rechtlichen Rahmenbedingungen, die erst einmal angepasst werden müssten. Daran arbeitet schon eine Regierungskommission, die ihre Vorschläge für eine Steigerung der Investitionen in Deutschland im Frühjahr vorlegen will.

 

Der Leiter des Gremiums, Marcel Fratzscher vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sieht einen gewaltigen Investitionsstau in Deutschland. Bis zu 100 Milliarden Euro müssten demnach für den Erhalt von Straßen, Brücken oder Leitungsnetzen ausgegeben werden. Die Bundesregierung will diese Ausgaben weniger über staatliche Schulden und mehr über den Einsatz privaten Kapitals meistern. Im Moment ist das Interesse der potenziellen Geldgeber groß. Durch die niedrigen Zinsen lassen sich auf dem Kapitalmarkt kaum noch sichere und zugleich einträgliche Erträge erwirtschaften.

 

Es gab in der Vergangenheit immer wieder versuche, ÖPP stärker voran zu bringen. Doch abgesehen von wenigen Projekte wie der Warnowquerung in Rostock kamen die Vorhaben selten über Absichtsbekundungen hinaus. Die Beteiligung kapitalstarker Investoren kam im vergangenen Jahr erstmals in Gang. Die Europäische Investitionsbank gab für den Ausbau der A7 bei Hamburg eine Projektanleihe heraus. 170 Millionen Euro stellen die Geldgeber für die Erweiterung des Abschnittes bereit.

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