Lobbyist am falschen Platz

Olaf Henkel und die Freien Wähler passen nicht zusammen – trotz gemeinsamer Euro-Kritik

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Von Hannes Koch

19. Dez. 2011 –

Die Freien Wähler, die in Bayern im Landtag sitzen, beziehen ihre Unterstützung vieler Bürger daraus, dass sie sich für kommunale und regionale Interessen einsetzen. In Zeiten der vermeintlichen Politikverdrossenheit reklamieren sie das Selbstbestimmungsrecht des Kleinen gegen das Große. Deshalb vertrauen manche Wähler dieser unabhängigen Gruppierung mehr als den Parteien.


Hubert Aiwanger, der Bundesvorsitzende der Freien Wähler, weiß das. Aus den Krisen der vergangenen vier Jahre hofft er zusätzlichen Treibstoff für die bundesweite Kandidatur zur Bundestagswahl 2013 zu schöpfen. Zeigt sich doch gerade an der Finanz-, Banken- und Schuldenkrise, dass Staatsbürger und Politiker allzu oft nur Spielfiguren auf dem Brett des globalen Monopolys sind. Wer den Freien Wähler seine Stimme gibt, tut dies nicht selten, weil er den Vertretern der Finanzmärkte, Banken und der großen Wirtschaft misstraut.


Vor diesem Hintergrund hat Aiwanger am Montag Euro-Kritiker Hans-Olaf Henkel als promminenten Unterstützer für 2013 präsentiert. Wie diese Kooperation genau ablaufen soll, konnten die beiden allerdings nicht erklären. Eine neue Partei brauche man nicht zu gründen, mit den Freien Wählern gebe es ja bereits eine, sagte Henkel. Deshalb habe er einen Antrag auf Mitgliedschaft gestellt. Vielleicht werde er auch ein Mandat, eine konkrete Funktion, übernehmen, vielleicht aber auch nicht. Ob Henkel Spitzenkandidat werden will, wollte er nicht verraten.


Aiwanger und Henkel hoffen, gegenseitig von ihrer jeweiligen Popularität zu profitieren. Die inhaltliche Schnittmenge dabei ist begrenzt. Beide lehnen in der gegenwärtigen Schuldenkrise ab, dass Deutschland finanzschwachen Euro-Staaten wie Griechenland aus der Patsche hilft. Sie sehen das Heil in nationaler Politik zur Bewahrung deutschen Wohlstandes und widersprechen der Entwicklung hin zu einem demokratischen europäischen Bundesstaat. Stattdessen plädieren sie dafür, die Euro-Zone zu verkleinern, schwache Mitglieder ausschließen und sich im Notfall auf die nationalen Grenzen und die alte D-Mark zurückzuziehen.


Aiwanger erkennt, dass ein Wählerpotential für diese Position vorhanden ist. Trotzdem macht der Chef der Freien Wähler einen strategischen Fehler. Die Person Hans-Olaf Henkel passt nur vordergründig zu den Unabhängigen. Wer genauer hinschaut, stellt fest, dass Henkel die Interessen der Freien Wähler mit Füßen tritt.


Er ist gerade kein Repräsentant der Selbstverteidigungslogik des Kleinen gegen das Große. Im Gegenteil: Als früherer Chef des Bundesverbandes der Deutschen Industrie und jetziger Berater des Finanzinstituts Bank of America/ Merill Lynch arbeitet Henkel für die global agierende Wirtschafts- und Finanzelite, der die Anhänger der Freien Wähler misstrauen. Der vermeintliche Anwalt der Bürgerinteressen lässt sich von denjenigen bezahlen, die diese Anliegen ihren Gewinnerwartungen opfern. Und Henkel scheint seine Aufgabe ernst zu nehmen: Wer ihn erreichen will, muss seine Assistentin bei der Bank of America in Berlin anrufen.


Aiwanger ist somit auf dem besten Weg, die Glaubwürdigkeit seiner Organisation zu untergraben. Ein Schritt zum Einzug in den Bundestag 2013 ist die Kooperation mit Henkel nicht, eher ein Hindernis.

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