• Flüchtlingsboot

Lügenpresse der AfD

Der Bundeshaushalt 2017 kommt größtenteils den Einheimischen zugute, nicht den Flüchtlingen

Teilen!

Von Hannes Koch

07. Sep. 2016 –

Früher war Opposition gegen die Regierung meist links, heute kommt sie wesentlich von rechts. Ihren Stimmenzuwachs erkämpft die AfD unter anderem mit dem Slogan „Milliarden für Flüchtlinge, Peanuts für die eigene Bevölkerung“. Die Debatte über den Haushalt 2017 im Bundestag ist eine gute Gelegenheit, den Wahrheitsgehalt dieser Aussage zu überprüfen. Trifft es zu, dass für Flüchtlinge mehr Geld ausgegeben wird als für Einheimische?


Am Dienstag dieser Woche brachte Finanzminister Wolfgang Schäuble den neuen Bundeshaushalt ins Parlament ein. Am Mittwoch begründete Kanzlerin Angela Merkel (beide CDU), warum sie trotz aller Kritik die Ausgaben für die Flüchtlinge für gerechtfertigt hält. Dies sind die Zahlen: Die Bundesregierung verfügt im kommenden Jahr über knapp 329 Milliarden Euro. Knapp 19 Milliarden davon gibt sie aus, um Zuwanderer zu unterstützen, Wohnungen für sie zu bauen, Sprachlehrerinnen zu bezahlen und weitere Flucht nach Deutschland zu verringern. 19 Milliarden entsprechen sechs Prozent des Bundeshaushalts. 94 Prozent der Bundesausgaben kommen damit der einheimischen Bevölkerung zugute. „Peanuts“?


Alleine der Zuschuss zur Rentenversicherung und zur Grundsicherung im Alter ist der Regierung 93 Milliarden Euro wert. Pro Jahr – der vierfache Betrag sämtlicher Flüchtlingskosten. Die Ausgaben für Arbeitslose, unter anderem Hartz IV, schlagen zusätzlich mit 35 Milliarden zu Buche – knapp die doppelte Summe dessen, was die Zuwanderung kostet.


Und selbst bei den zusätzlichen Ausgaben, die die große Koalition beschließt, kommt die angestammte Bevölkerung nicht zu kurz. Dank der hohen Staatseinnahmen hat Schäuble in jüngster Zeit für vieles seine Kasse geöffnet, das vor Jahren unmöglich erschien. So erhöhten Union und SPD das Wohngeld, den Mietzuschuss für Bundesbürger mit geringem Einkommen. Das Elterngeld wurde verbessert und die abschlagsfreie Rente ab 63 eingeführt. Ab 2017 will man Mini-Renten aufstocken. Der Zuschuss zur Krankenversicherung stieg ebenso. Dieses Sozialprogramm umfasst insgesamt zehn Milliarden jährlich.


Weiter geht es mit mehr Geld für Internetkabel in ländlichen Regionen, höheren Forschungsausgaben, die Jobs sichern, und der neuen Förderung für Elektroautos. Dieses Paket macht vier Milliarden Euro aus. Schließlich kündigte der Bundesfinanzminister eine, wenn auch kleine, Steuerentlastung für 2017 an, die rund zwei Milliarden Euro kosten wird. Unter dem Strich profitieren die Bundesbürger von allen diesen Projekten mit 16 Milliarden Euro pro Jahr. Alleine diese zusätzlichen Ausgaben bewegen sich in einer ähnlichen Höhe wie die Flüchtlingskosten.


Trotzdem sind 19 Milliarden Euro eine Menge Geld. Und man muss es nicht richtig finden, dass so große Summen für Leute ausgegeben werden, die viele Einheimische als Fremde betrachten. Glücklicherweise ist die Mehrheit, ausweislich der Sitzverteilung im Bundestag, der Meinung, dass wir uns diese Ausgaben leisten müssen. Ein starkes Argument hat sie dabei auf ihrer Seite. Zu behaupten, die Flüchtlinge bekämen mehr als die Deutschen, ist Propaganda und Desinformation – Lügenpresse á la AfD.

« Zurück | Nachrichten »