• Günter Walden ist Abteilungsleiter im Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB).
    Bild: BIBB

„Manche Berufe sind zu wenigen bekannt“

Auch in diesem Jahr wird es für Ausbildungsplätze in den begehrtesten Jobs mehr Bewerber als Stellen geben. Doch das ist kein Grund für Schulabgänger, die Flinte ins Korn zu werfen. Über chancenreiche Berufe und Alternativen zur Lehre weiß Günter Walden b

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Von Wolfgang Mulke

18. Mär. 2010 –

Frage: Welche Ausbildungsberufe sind derzeit besonders aussichtsreich?

Günter Walden: Prognosen über die in Zukunft besonders gebrauchten Arbeitnehmer sind schwierig. Außerdem ist nicht jeder Beruf für jeden aussichtsreich. Wichtiger ist es für Bewerber, eine für ihn oder sie geeignete Ausbildung zu suchen. Ein Interesse an der Tätigkeit ist auch wichtig. Denn die Wahrscheinlichkeit von beruflichem Erfolg ist höher, wenn die Arbeit engagiert erledigt wird. Umgekehrt gilt dies auch. Ohne Spaß am Job scheitert man eher. Grundsätzlich gelten aber die MINT-Berufe als besonders zukunftsträchtig, also Ausbildungen, die Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften oder Technik zum Inhalt haben. Wir müssen mehr Menschen dafür interessieren. Da gibt es noch einen Nachholbedarf bei der Ausbildung. Auch Berufe im Dienstleistungsbereich werden in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen.



Frage: Welche Berufe werden bislang noch nicht genügend wahrgenommen?

Walden: Bei den dualen Ausbildungen gibt es einige noch nicht entdeckte Perlen. Der Fachinformatiker bzw. die Fachinformatikerin ist so ein Beispiel. Fachinformatiker realisieren Softwareprojekte nach Kundenwunsch. Hier analysieren Sie IT-Systeme und planen diese. Daneben schulen Sie auch Benutzer.Das ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe. In den letzten Jahren sind neue, interessante und qualifizierte Berufe mit besten Perspektiven entstanden. Dazu zählen der Fachangestellte für Markt- und Sozialforschung oder der Personaldienstleistungskaufmann. Milchtechnologen und Produktionstechnologen sind ebenfalls ebenfalls attraktive neue Berufe .


Frage: Gibt es eine Rangliste der Ausbildungsberufe?

Walden: Es gibt 349 duale Ausbildungsberufe von A wie Änderungsschneiderin bis Z wie Zweiradmachaniker. Doch drei Viertel der Ausbildungsverträge entfallen auf nur 44 Berufe. Spitzenreiter bei den Männdern ist der Kfz-Mechatroniker, gefolgt vom Einzelhandelskaufmann, dem Industriemechaniker und dem Koch. Bei jungen Frauen ist die Konzentration auf wenige Berufe noch ausgeprägter. Die meisten Lehrverträge entfallen auf die Einzelhandelskauffrau, die Verkäuferin, die Bürokauffrau und die medizinische Fachangestellte.


Frage: Wie entwickeln sich die Vergütungen?

Walden: 2009 sind die Ausbildungsvergütungen um 3,7 Prozent angestiegen. Das war der stärkste Anstieg seit 14 Jahren. In Westdeutschland verdient ein Azubi im Durchschnitt 679 Euro monatlich, im Osten 595 Euro. Allerdings ist die Vergütung von Beruf zu Beruf sehr unterschiedlich. Am meisten erhalten mit Abstand die Binnenschiffer/innen mit 949 Euro im Monat. Überdurchschnittlich hoch fällt die Bezahlung auch im Bauhauptgewerbe, bei Mechatronikern sowie im Bank- und Versicherungsgewerbe aus. Am unteren Ende der Rangliste finden sich Maler und Lackierer mit 449 Euro im Westen und 388 Euro im Osten sowie Friseurinnen, Floristen und Bäcker.


Frage: Welche Anforderungen sollten Bewerber grundsätzlich mitbringen?

Walden: Da gibt es mit dem Hauptschulabschluss zunächst nur eine formale Voraussetzung. Grundsätzlich müssen die Bewerber natürlich ausbildungsreif sein. Sie müssen genügend Grundkenntnisse mitbringen, zum Beispiel in Deutsch und Mathematik. Zudem werden Tugenden wie Zuverlässigkeit, Arbeitsmotivation und Pünktlichkeit verlangt. Darüber hinaus unterscheiden sich die Anforderungen von Beruf zu Beruf. Wer in den MINT-Berufen eine Ausbildung machen will, sollte gute Noten in Mathematik und Naturwissenschaften vorweisen können. Von kaufmännischen Bewerbern wird neben guten Matheleistungen auch ein gutes Deutsch erwartet. In handwerklichen Berufen wiederum ist auch Geschick gefragt. Letztlich suchen sich die Betriebe die jeweils besten Jugendlichen aus. Gute Noten sind also wichtig. Wer dort nicht mithalten kann, ist aber keineswegs chancenlos. In manchen Berufen haben die Betriebe Nachwuchssorgen und Ausbildungsplätze nicht besetzen. Dazu gehören zum Beispiel Bäcker, Fleischer oder Fachverkäuferinnen im Lebensmitteleinzelhandel.


Frage: Bilden die Betriebe trotz Kurzarbeit und Auftragsmangel genügend aus?


Walden: Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Ausbildungsplätze um acht Prozent zurückgegangen. Gründe waren einerseits die wirtschaftliche Krise, andererseits die ebenfalls rückläufige Zahl der Schulabgänger. Wir gehen auch 2010 davon aus, dass das Stellenangebot leicht zurückgehen wird. Das Interesse von Jugendlichen an Ausbildungsplätzen ist dabei deutlich höher als die Zahl der tatsächlich abgeschlossenen Ausbildungsverträge. Vielen Jugendlichen gelingt die Einmündung ins duale System nicht und sie ergreifen Alternativen. Hier gibt es besonders im Bereich der berufsbildenden Schulen ein vielfältiges Angebot. Häufig gelingt dann nach dem Besuch einen entsprechenden Bildungsgangs die Aufnahme einer betrieblichen Lehre.

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