Mehr Einsparungen im Sozialbereich als bei der Wirtschaft

Familien, Arbeitslose, Rentner und Bürger mit niedrigen Einkommen sollen den größeren Teil der Haushaltssanierung tragen

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Von Hannes Koch

07. Jun. 2010 –

Im Bereich der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik will die schwarz-gelbe Bundesregierung den größten Teil der Einsparungen erzielen. Der kleinere Teil schlägt sich in Form höherer Steuern bei der Wirtschaft nieder. Das ist das Ergebnis der Sparklausur von Union und FDP.


Mit der „Neujustierung von Sozialgesetzen“ plant die Regierung im kommenden Jahr drei Milliarden Euro zusätzlich zu erwirtschaften. Bis 2014 wird der Betrag auf jährlich elf Milliarden anwachsen. Obwohl Kanzlerin Angela Merkel am Montag erklärte, die Kürzungen und Steuerhöhungen würden gleichmäßig auf ärmere Bürger einerseits sowie Wirtschaft und Vermögende andererseits verteilt, trifft diese Ansage offenbar nicht zu.


2011 und 2012 liegen die Einsparungen im Sozialbereich unter den Maßnahmen für die Wirtschaft. In den Jahren 2012 bis 2014 dagegen sollen die Sozialkürzungen viel mehr erbringen. Nach einer Tabelle der Regierung belaufen sich die Sozialeinsparungen 2014 auf rund elf Milliarden Euro. Dem gegenüber steht ein Beitrag der Wirtschaft von rund acht Milliarden Euro.


Wie angedroht, wollen Union und FDP besonders bei den Maßnahmen für Arbeitslose sparen. Bei der Vermittlung von Erwerbslosen in neue Jobs sollen jährlich zwei bis fünf Milliarden gestrichen werden. Das dürfte die Langzeitarbeitslosigkeit erhöhen. Sollten die Regierungsbeschlüsse umgesetzt werden, würden auch die Rentenzuschüsse in Höhe von zwei Milliarden Euro wegfallen, die die Bundesagentur für die Altersvorsorge von Erwerbslosen überweist. Dadurch wird die Altersarmut zunehmen.


Die geplante Abschaffung des bisherigen Zuschlages beim Übergang von Arbeitslosengeld I zu Hartz IV und die Streichung des Heizkostenzuschusses für Wohngeldempfänger verschlechtert die Lage derjenigen, die ohnehin von niedrigen Einkommen leben müssen. Ähnliches gilt für das verminderte Elterngeld. Von dieser Leistung, die die ehemalige Familienministerin Ursula von der Leyen eingeführt hat, profitieren schwerpunktmäßig Familien mit kleinen und mittleren Einkommen. Diese sind es auch, die die Einbußen zu verkraften haben.


Umgekehrt versucht die Regierung allerdings auch, steuerliche Akzente zu setzen, um die Wirtschaft auf einen sozial und ökologisch nachhaltigeren Pfad zu bringen. So müssen die Fluggesellschaften künftig eine Abgabe leisten, die das Fliegen verteuert. Diese soll eine Milliarde Euro pro Jahr erbringen. Mit weiteren 1,5 Milliarden Mehreinnahmen schlägt die Abschaffung von Ausnahmen bei der Ökosteuer zu Buche, von denen bisher die energieintensiven Unternehmen profitieren. Nicht zu vergessen: die künftige Steuer für Atomkraftwerke in Höhe von zwei Milliardeneuro pro Jahr. Diese ist allerdings der Preis für die Verlängerung der Laufzeiten der Kraftwerke, die Schwarz-Gelb durchsetzen will. Die Finanztransaktionssteuer, mit denen die Banken einen Teil der Krisenkosten finanzieren sollen, steht im Plan mit rund zwei Milliarden Euro. Das ist allerdings bislang Wunschdenken - ob die Steuer wirklich kommt, steht in den Sternen.


Am Beispiel dieser Maßnahmen versuchte Merkel, das Sparpaket als ausgewogen zu verkaufen. Unter dem Strich ist die soziale Symmetrie allerdings nicht gewahrt.

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