Mehr Euro mit nach Griechenland nehmen

Welche Folgen haben Beschränkungen des Zahlungsverkehrs für die Griechen, für deutsche Touristen und Firmen?

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Von Hannes Koch

16. Jun. 2015 –

Wie die Verhandlungen über die Sanierung der griechischen Staatsfinanzen wirklich laufen, ist schwer einzuschätzen. Alle Seiten nutzen Informationen für die Öffentlichkeit als Karten im großen Pokerspiel. Angeblich bereiten sich die Euro-Staaten bereits darauf vor, dass der Zahlungsverkehr mit Griechenland beschränkt werden könnte. Unsere Zeitung erklärt, welchen Sinn und welche Auswirkungen eine solche Maßnahme hätte.

 

Wozu dienen Beschränkungen des Geldverkehrs?

Es gibt zwei Interpretationen. Erstens würde die griechische Regierung damit verhindern, dass Bürger und Firmen weiterhin große Summen von ihren Konten bei einheimischen Banken beispielsweise nach Luxemburg oder Deutschland überweisen. Während die Kontoinhaber damit ihre Euro-Guthaben absichern wollen, geht dem Staat und der Wirtschaft dringend benötigtes Kapital verloren. Die Kontrollen wären ein vorübergehendes Mittel, um die Ökonomie des Mittelmeerlandes zu stabilisieren. Die zweite Variante beschreibt Ökonom Michael Schröder vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim (ZEW) so: „Wer die Beschränkung des Zahlungsverkehrs vorbereitet, sieht den Euro-Austritt Griechenlands und die Wiedereinführung der Drachme kommen.“

 

Was würde konkret passieren?

Die griechische Regierung müsste per Gesetz festlegen, dass Auslandsüberweisungen nur noch in beschränkter Höhe ohne Erlaubnis möglich sind. Wer beispielsweise mehr als 5.000 Euro außer Landes bringen will, müsste sich das genehmigen lassen. Wollen Firmen größere Beträge an Empfänger in Nachbarländer schicken, wären sie verpflichtet nachzuweisen, „welche Geschäfte damit finanziert werden“, so Schröder. Davon betroffen sind dann auch deutsche Unternehmen, die Geld aus Griechenland erhalten oder von dort transferieren wollen. Vorstellbar ist weiterhin, dass die Bankautomaten in Griechenland nur noch geringe Euro-Beträge ausgeben, beispielsweise nicht mehr als 100 Euro.

 

Worauf sollten Touristen achten?

„Für deutsche Reisende hätten Zahlungsverkehrsbeschränkungen wahrscheinlich kaum Auswirkungen“, sagt Olga Drossou von der grünnahen Heinrich-Böll-Stiftung in Thessaloniki. Wer aus Deutschland nach Griechenland reist, könnte wie bisher beliebige Euro-Summen einführen, um den Urlaub zu finanzieren. Wahrscheinlich wäre es sogar sinnvoll, etwas mehr Bargeld mitzunehmen, da ja eventuell die Bankautomaten in Griechenland weniger Euro zur Verfügung stellen. Bei der Ausreise aus Griechenland müssten sich die Touristen an die Frage gewöhnen, wieviel Euro sie dabei haben. Auch für die gelten dann die Ausfuhrbeschränkungen. Drei- oder niedrige vierstellige Beträge sollten davon aber nicht betroffen sein.

 

Welche Folgen hat das für die griechische Wirtschaft?

„Beschränkungen des Zahlungsverkehrs erschweren den Außenhandel und hemmen das Wachstum“, sagt ZEW-Ökonom Schröder. Die Probleme für die griechische Wirtschaft würden dadurch nicht kleiner, sondern größer. Auch die Gesundung der Staatsfinanzen wird behindert.

 

Wie geht der Poker weiter?

Die Zeit drängt. Am kommenden Wochenende oder in der nächsten Woche müssen die griechische Regierung und die Geldgeber eine Lösung finden, weil das gegenwärtige Finanzierungspaket am 30. Juni endet. An diesem Tag wäre auch die letzte Gelegenheit für die Zustimmung des Bundestages zu veränderten Finanzierungskonditionen. Erhält Griechenland die bisher blockierten Hilfsmilliarden aus Europa nicht, wird es ziemlich eng.

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