Mehr Geld für bayerisches Notstrom-Aggregat

Reserve-Kraftwerke wie die E.ON-Anlage Irsching können künftig mehr Geld erhalten

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Von Hannes Koch

28. Apr. 2015 –

Mit der Energiewende steigt der Anteil sauberen Stroms. Wie sehr dieser Wandel die alte Energiewirtschaft durcheinanderrüttelt, zeigt der Fall des Gaskraftwerks Irsching bei Ingolstadt. Obwohl hochmodern, verdient es kaum Geld. Die Betreiber, unter anderem E.ON und Mainova, wollen es abschalten. Das dürfen sie aber nicht, weil die Anlage als Reservekraftwerk benötigt wird. Immerhin hat das Oberlandesgericht Düsseldorf am Dienstag entschieden, dass die Firmen dafür eine höhere Vergütung erhalten können.

 

Bisher gesteht die Bundesnetzagentur in Bonn Kraftwerken wie Irsching bloß einen „Aufwendungsersatz“ zu. Dieser soll die Brennstoffkosten decken. Das Oberlandesgericht Düsseldorf sagt nun jedoch, dass das nicht ausreicht. „Vielmehr seien auch weitere Kosten und entgangene Gewinnmöglichkeiten ersatzfähig“, schreibt das Gericht. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig – eine Beschwerde beim Bundesgerichtshof ist möglich. Denkbar erscheint aber, dass Irsching und andere Reservekraftwerke künftig ein paar Millionen Euro jährlich mehr erhalten. Solche Zahlungen werden auf die Rechnungen aller Stromkunden umgelegt.

 

Warum jedoch bedürfen moderne, erst 2010 und 2011 in Betrieb gegangene Gaskraftwerke wie Irsching 4 und 5 überhaupt einer speziellen Vergütung? Die aus Sicht der Betreiber schmerzliche Antwort lautet: „Im gesamten Jahr 2014 hat das Kraftwerk zu keiner Stunde Strom für den Markt produziert“, so E.ON. Hart gesagt: Die beiden Irsching-Blöcke sind überflüssig – trotz ihrer guten Energieausbeute und des halbwegs klimaschonenden Einsatzes von Erdgas.

 

Die Gründe: Der Anteil der erneuerbaren Energien steigt. Mehr und mehr Windparks und Sonnenkraftwerke gehen in Betrieb. Der Strom, den sie produzieren, muss zuerst verbraucht werden. Konventionelle Kraftwerke laufen deshalb weniger. Außerdem ist die Energie aus alten, abgeschriebenen Kohlekraftwerken gegenwärtig sehr billig. Das liegt am niedrigen Preis der Verschmutzungszertifikate, die diese Anlagen nachweisen müssen. Jedenfalls verdrängt billiger Kohlestrom den etwas teureren Gasstrom aus neuen Anlagen wie Irsching.

 

Und wieso schalten E.ON und Mainova Irsching nicht einfach ab? Das dürfen sie nicht. Denn die Bundesnetzagentur betrachtet die Anlage als Reserve für Notfälle. Diese können eintreten, wenn beispielsweise Flaute herrscht und die Windparks keinen Saft liefern. Dann wird Irsching angeworfen, um die Stromnetze zu stabilisieren – und bekommt als Ausgleich die Vergütung, über die am Dienstag das Düsseldorfer Gericht entschied.

 

So werden E.ON, Mainova und ihre Mitstreiter Irsching wohl weiterlaufen lassen müssen - obwohl sie keine Lust haben. Anderen Stromunternehmen ergeht es mit ihren Reservekraftwerken ähnlich. Den Stilllegungsantrag für Irsching wird die Bonner Agentur wohl zurückweisen, den Betreibern dann aber ein Angebot für eine höhere Vergütung machen müssen.

 

Info-Kasten

E.ON spaltet sich

Die neue Tochter für den alten Kram wird Uniper heißen und in Düsseldorf sitzen. Deutschlands größter Energiekonzern E.ON lagert unter anderem seine konventionellen Kraftwerke – Kohle, Gas, Atom – in die neue Gesellschaft aus, die man an die Börse bringen und verkaufen will. Das Geschäft der Zukunft – unter anderem die Netze und die erneuerbaren Energien – sollen unter dem Namen E.ON im Stammhaus bleiben. Dessen Zentrale wird Essen sein, gab der Konzern am Montagabend bekannt.

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