Mehr Vorteile als Nachteile

Kommentar zur Zuwanderung von Hannes Koch

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Von Hannes Koch

28. Dez. 2013 –

Im kommenden Jahr werden möglicherweise mehr Bundesbürger Bekanntschaft mit Menschen machen, denen sie intuitiv Ablehnung entgegenbringen. An den roten Ampeln der Städte putzen dann ärmliche Gestalten ungefragt die Fenster der Autos. Oder vor den Supermärkten stehen zusätzliche Bettlerinnen. Dies sind eventuelle Auswirkungen der vollständigen Freizügigkeit, die ab Januar 2014 auch die Bürger der EU-Staaten Rumänien und Bulgarien genießen.

 

Die Debatte über den Sinn von Zuwanderung wird dadurch schärfer. Nicht nur in Deutschland, auch beispielsweise in Großbritannien. Um der dort zunehmenden Fremdenfeindlichkeit etwas entgegenzusetzen, hat das britische Wirtschaftsmagazin Economist jetzt einen bemerkenswerten Artikel veröffentlicht: Eine Einladung an Rumänen und Bulgaren, doch bitte zahlreich auf die Insel zu kommen.

 

Warum das? Der Economist nennt Argumente, die ähnlich auch für Deutschland zutreffen. Die Einwanderung aus ärmeren in reichere EU-Länder bringt letzteren insgesamt mehr Vorteile als Nachteile. Denn die Zuwanderer wollen meist einfach arbeiten und Geld verdienen. Das tun sie auch: Die Einwanderer verschaffen einheimischen Firmen zusätzliche Einnahmen und tragen dazu bei, dass die Wirtschaft wächst. Das deutsche Sozialsystem belasten sie dagegen eher nicht. Weil sie mehrheitlich jung und gesund sind, verursachen sie beispielsweise kaum Gesundheitskosten.

 

Aber zugegeben: Ehrliche Rechnungen komplexer Phänomene anzustellen, ist schwierig. Individuelle Betroffenheit lässt sich mit makroökonomischen Analysen sowieso nicht ausräumen. Wenn arbeitslose Bundesbürger in Zuwanderern Konkurrenten bei der Jobsuche sehen, mag dies nachvollziehbar, wenngleich nicht unbedingt richtig sein. Und in teilweise verarmten Städten wie Dortmund und Duisburg kann die große Zahl der Arbeitsimmigranten durchaus ein Problem darstellen.

 

Trotzdem hat Abschottung, wie sie der ehemalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) befürwortete, keinen Sinn. Denn sie liefe der Logik Europas zuwider. Eher muss es darum gehen, dass Bund und Länder notleidenden Kommunen helfen, oder dass Arbeitslose unterstützende Bildungsangebote erhalten. Hoffentlich ergreift der neue CDU-Innenminister Thomas De Maizière hier die Initiative.

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