Merkel gerät aus dem Takt

Kommentar zum Rauswurf Norbert Röttgens

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Von Hannes Koch

17. Mai. 2012 –

Wer von der Bundesregierung vernünftige Politik erwartet, schüttelt über den Rauswurf von Norbert Röttgen den Kopf. Kanzlerin Angela Merkels hektische Entscheidung, den für die Wahlniederlage in NRW hauptverantwortlichen Bundesumweltminister komplett zu entsorgen, ist eher ein Zeichen der Schwäche, als der Stärke.

Denn für CDU-Verhältnisse war Röttgen ein passabler Umweltminister. Er verkörperte glaubhaft die ökologische Modernisierung und half der Partei, Kontakt zu jüngeren, fortschrittlichen Wählerschichten aufzubauen. Vor und nach der Atomkatastrophe von Fukushima versuchte Röttgen, die Energiewende so gut wie möglich zu organisieren – stets gegen die Widerstände in der alten Industrie, der eigenen Partei und beim Koalitionspartner FDP. Wenn er dabei nicht immer gut aussah, lag das auch an der unübersichtlichen Linie der Kanzlerin und der Logik der Koalition, die einer vernünftigen Umweltpolitik oft genug zuwiderlief.

Natürlich hat Röttgen auch Böcke geschossen. Die NRW-Wahl hat er vergeigt und währenddessen seine Arbeit als Bundesenergieminister monatelang schleifen lassen. Doch das reicht als inhaltliche Begründung für seinen Rauswurf nicht aus. Kein Wunder, dass Merkel in ihrer Erklärung sachliche Argumente gegen Röttgen kaum andeutete.

Die Kanzlerin betreibt schiere Machtpolitik. Mit Härte will sie die Reihen schließen, gleichzeitig CSU-Chef Horst Seehofer und der FDP entgegenkommen. Außerdem versucht Merkel, eine kritische Debatte über ihren eigenen Anteil an der NRW-Wahlniederlage und die abnehmende Attraktivität ihrer Politik zu unterdrücken. Lieber will sie ein personelles Signal des Aufbruchs senden.

Ob das gelingt, ist mehr als fraglich. Welche Botschaft hat uns Röttgen-Nachfolger Peter Altmaier mitzuteilen? Was will er in der Energiepolitik? Man weiß es nicht. Auch das ist ein Zeichen dafür, dass die Regierung torkelt. Denn der Boden, auf dem sie bisher fest stand, beginnt zu wackeln. Der Absturz bei der Landtagswahl in NRW deutet an, dass Merkel sich Sorgen über ihre Regierungsfähigkeit im Bund machen muss. Zudem steckt ihr Modell für Europa und die Stabilisierung des Euro in großen Problemen, möglicherweise scheitert es gerade. Die Bundeskanzlerin gerät aus dem Takt.

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