Merkels Europa droht zu scheitern
Kommentar von Hannes Koch zu Griechenland und zur Euro-Krise
17. Jun. 2012 –
Die Euro-Krise scheint mittlerweile ein kaum noch zu entwirrendes Knäuel von Gefahren, Risiken, Vorschlägen, Milliardensummen und gegenseitigen Schuldzuweisungen zu sein. Bei einem nüchternen Blick von außen - soweit dieser möglich ist - fällt jedoch auf: Der bisherige Lösungsansatz funktioniert nicht. Zwei Jahre und gefühlte zehn Rettungsaktionen nach Beginn der Schuldenkrise ist Europa nicht stabiler, sondern viel instabiler geworden. Dazu haben auch die Bundesregierung und die Bundesbank maßgeblich beigetragen.
Natürlich liegt die Verantwortung für die Verschlechterung nicht nur in Berlin und Frankfurt. Wenn griechische Spitzenpolitiker wie der Radikallinke Alexis Tsipras schlicht ablehnen, irgendwelche Schulden zurückzahlen, erscheint es nahezu aussichtslos, dass das Land weiterhin Teil der Eurozone bleibt.
Geradezu idealtypisch aber zeigte sich das wesentliche Problem vergangene Woche in Italien. Wegen der Sparpolitik kann die Regierung nicht investieren, die Wirtschaftsleistung sinkt, die Steuereinnahmen gehen zurück. In der Folge wird es schwieriger, die Schulden zu bedienen, die Investoren verlieren das Vertrauen. Nun steht auch Italien am Abgrund – ein Teufelskreis.
Dass sich die Spirale nach unten schneller dreht, ist auch auf deutsche Sturheit zurückzuführen. Bundesregierung und Bundesbank weigern sich, den Euro durch eine gemeinsame Haftung mittels europäischer Staatsanleihen oder eine umfassende Finanzierung durch die Europäische Zentralbank abzusichern. Vermutlich ließen sich die ständigen Spekulationsattacken nur dadurch abwehren.
Kanzlerin Angela Merkel weiß, dass viele Bundesbürger zusätzliche Milliardenhilfen für die Griechen, Italiener, Spanier und Portugiesen ablehnen. Was aber ist die Alternative? Neue Berechnungen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft zeigen, dass der Zusammenbruch der europäischen Währung mehrere tausend Milliarden Euro kosten kann. Ein Teil unseres Wohlstandes steht auf dem Spiel. Im Falle des Kollapses fällt die Rechnung möglicherweise weit höher aus als für die Variante einer konsequenten Solidarität.